Weltweite Kritik

Frauen werfen Tantra-Kurs-Leiter Übergriffe und Machtmissbrauch vor

25.07.2023, 18:14 Uhr
· Online seit 25.07.2023, 18:09 Uhr
Einem Mitglied der «International School of Temple Arts» (ISTA) werden Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Die ISTA organisiert das Schweizer Tantra-Festival. Schon seit geraumer Zeit steht die Organisation weltweit in Kritik.

Quelle: SommerTalk vom 15. Juli 2020 / TeleM1

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«Slow Sex» und «Energetic Sex» – so lauten die Namen der Kurse, die teilnehmende Personen am ersten Schweizer Tantra-Festival im Juni besuchen konnten. Ex-Miss-Schweiz Mahara McKay leitete am Festival mehrere Workshops.

Nun wird die Szene von einem Skandal erschüttert. Mehrere Frauen werfen dem Kursleiter und Mitorganisator des Tantra-Festivals Eugene Hedlund sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch vor, wie «20 Minuten» schreibt.

Hedlund manipulierte Frauen 

In Facebook-Gruppen berichteten Frauen davon, wie Hedlund seine Machtposition während Tantra-Anlässen ausnutzte, um mit ihnen Sex zu haben. «20 Minuten» hat mit S* gesprochen. Sie hat mit Hedlund mehrere Workshops geleitet.

«Als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, hat er mich direkt nach der Umarmung auf den Mund geküsst», erzählt S*. Damals sei sie wie versteinert gewesen und wusste nicht, wie auf den Übergriff reagieren.

Hedlund habe mit mehreren Kursteilnehmerinnen Sex gehabt, so S*. Die betroffenen Frauen hätten ihr erzählt, dass er ihnen mit seinem Charisma das Gefühl gegeben habe, es sei wichtig, dass sie mit ihm Sex haben.

Vergewaltigungsvorwürfe bei ISTA

Das Tantra-Festival wird von der «International School of Temple Arts» (ISTA) organisiert. Die ISTA führt weltweit Kurse und Anlässe durch.

S* distanzierte sich von Hedlund und der Tantra-Bewegung und begann, andere Aussteigerinnen zu kontaktieren. «Viele erzählten mir, dass sie sich von der ISTA ausgebeutet und ausgenutzt fühlen.»

Um ISTA steht schon seit geraumer Zeit Kritik im Raum. 2018 hatten 31 Frauen von Übergriffen und Vergewaltigungen an einer thailändischen Tantra-Schule beichtet.

Die deutsche Zeitung «TAZ» berichtete im Mai über den Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt bei ISTA. Laut der Autorin war es ein «offenes Geheimnis, dass es zu Sex zwischen Kursleitern und der Kundschaft» gekommen war. Der Sex hätte jedoch nach interner Richtlinie von den teilnehmenden Personen initiiert werden sollen. Die Autorin schreibt, es sei problematisch, wie dabei das Machtgefälle zwischen teilnehmenden und leitenden Personen verdrängt worden war.

Die sexuellen Kontakte zwischen leitenden und teilnehmenden Personen waren sogar explizit erlaubt. Erst im vergangenen Herbst wurde die Praxis gestoppt.

ISTA hat «sektenartige Züge»

Worum handelt es sich überhaupt bei der ISTA? Die Organisation selbst bezeichnet sich als «Tribe» – als Stamm. Doch die ISTA hat sektenartige Züge, wie Sektenexperte Georg Otto Schmid gegenüber «20 Minuten» erklärt.

«Es wird zwar gesagt, jeder und jede sei selber dafür verantwortlich, dass seine oder ihre Grenzen nicht überschritten werden. Doch wenn in einer grösseren Gruppe alle miteinander Sex haben, ist es fast unmöglich, darauf zu achten, dass es für jeden einzelnen stimmt», so Schmid.

Wer bei der Praxis nicht mitmache, werde bezichtigt, sexuell blockiert zu sein. «Das erzeugt grossen Druck, sodass viele über ihre Grenzen gehen», sagt der Sektenexperte. Der Druck sei auch deshalb so riesig, weil die leitenden Personen oft Charisma und Autorität ausstrahlten.

Ex-Miss-Schweiz Mahara McKay leitete Tantra-Kurse 

Ex-Miss-Schweiz Mahara McKay sagt der Online-Plattform, von den Vorwürfen gegen ISTA gewusst zu haben, betont aber: «Ich distanziere mich klar von ISTA und übergriffigen Praktiken.» Mit Hedlund habe sie während des Tantra-Festivals nur fünf Minuten Kontakt gehabt.

Hedlund beantwortete Fragen von «20 Minuten» nicht. ISTA räumt ein, in den vergangen Jahren «den Idealen» nicht immer gerecht geworden zu sein. Die Organisation wolle nun mit einem «Accountability Process» Verantwortung übernehmen.

Rechtliches Vorgehen schwierig

Können die Frauen rechtlich etwas unternehmen? Dies sei schwierig, so Sektenexperte Schmid, denn die teilnehmenden Personen unterschreiben einen Vertrag, indem sie bestätigen, sie seien selbst verantwortlich für ihre Grenzen.

Schmid rät: «Wer sich für Angebote der Neo-Tantra-Szene interessiert, sollte sich über die Risiken genau informieren und im Fall einer Teilnahme unstimmige Settings sofort verlassen.»

(gin)

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veröffentlicht: 25. Juli 2023 18:09
aktualisiert: 25. Juli 2023 18:14
Quelle: Today-Zentralredaktion

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