Olympia in Peking

«Winterspiele sollten da stattfinden, wo Schnee liegt»

07.02.2022, 15:25 Uhr
· Online seit 07.02.2022, 12:18 Uhr
Ein Überwachungsstaat ist Austragungsort für ein völkerverbindendes Sportfest. Die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking bleiben auch nach den ersten Wettkampftagen umstritten. Schweizer Politiker nehmen Stellung.

Quelle: TeleZüri

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Gigantische Sportanlagen, modernste Infrastruktur, prickelnde Wettkämpfe und ein Freudenfest, das die gespaltene Welt einen soll. Das alles wurde der Sportwelt im Vorfeld der 24. Olympischen Winterspiele in Peking versprochen. Die Realität sieht aber anders aus: Kunstschnee, garstige Bedingungen, fluchende Athleten und ein umstrittener Gastgeber. Auch die Goldmedaille von Beat Feuz in der Abfahrt hält die Schweizer Politik nicht davon ab, die olympischen Spiele im Reich der Mitte zu kritisieren. Eine Schweizer Polit-Delegation sucht man in Peking derweil vergebens.

«Der Bundesrat wollte sich da einfach durchschlängeln»

«Angesichts der unsicheren Pandemie-Situation in der Schweiz und da infolge der Bekämpfung der Corona-Pandemie in China keine bilateralen Treffen und Kontakte mit Athletinnen und Athleten stattfinden können hat der Bundesrat entschieden, auf eine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen zu verzichten.» So verkündete der Bundesrat Ende Januar in einer Pressemitteilung die Absenz der Schweizer Politik in Peking.

Für Grüne-Nationalrat Balthasar Glättli eine Ausrede: «Ich glaube dem Bundesrat diese Entschuldigung nicht.» Das sagte er gestern im CH-Media-SonnTalk. Natürlich habe man nicht wegen Corona auf Peking verzichtet. «Der Bundesrat wollte sich da einfach durchschlängeln und keinen klaren politischen Boykott verkünden. Diese Absage ist in dieser Form, weder Fisch noch Vogel.» Auch Mitte-Nationalrätin Marianne Binder hätte an der Stelle des Bundesrats klarer kommuniziert und die Absage mit den Problemen der Menschenrechte in China begründet.

«Dieser Gigantismus muss gebrochen werden»

SVP-Nationalrat Albert Rösti sieht ein anderes Problem in der Absage der Schweizer Delegation: «Viola Amherd, als Schweizer Sportministerin, hätte zur Unterstützung der Schweizer Athleten und Ahtletinnen nach Peking reisen müssen.» Für China sei es nicht relevant, ob die Schweiz als solch kleine Nation anreist oder nicht. «Für die Athleten jedoch hätte diese Unterstützung eine grosse Rolle gespielt.» Dem widerspricht Balthasar Glättli: «Unsere Athletinnen und Athleten sind professionell und haben genug Eigenmotivation und Disziplin. Auf deren sportlichen Leistungen hat die Anwesenheit der Schweizer Politik keinen Einfluss.»

Dem pflichtet auch Marianne Binder bei. Für sie liegt der Hund aber bei der Vergabe der Spiele des Olympischen Komitees (IOC) begraben. «In Zukunft muss dieser Gigantismus der olympischen Spiele mal gebrochen werden. Die Spiele werden von Jahr zu Jahr noch grösser, noch teurer und noch protziger.» Es sei ein Fehler, diesen Anlass dann noch einem Land zu vergeben, das ihn für Propaganda missbraucht.

«In Kandersteg haben wir die bessere Schanze»

Albert Rösti sieht das gleich und bedauert, dass eine Durchführung in dieser Form in westlichen Ländern nicht mehr möglich ist. «Da muss man sich nicht wundern, dass zum Beispiel das Bündnerland keine Chance mehr hat. Es muss möglich sein, eine Länderkandidatur einzureichen. Wir haben ja alles hier. Von der Bobbahn in St. Moritz bis zur Skisprung-Schanze in Kandersteg.» Die sei im Gegensatz zu der in Peking wunderbar in die Natur eingebettet.

Zur Erinnerung: Das Volk lehnte vor fünf Jahren die Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2026 im Wallis ab. Aus ökologischen Gründen. «Man sollte natürlich schon mit der bestehenden Infrastruktur arbeiten», meint Balthasar Glättli. Das Hauptkriterium sollte nicht die Grösse und der Glanz sein, sondern vielmehr die Nachhaltigkeit und die Achtung der Menschenrechte. «Olympia steht ja schon auch für eine Idee. Der Sport sollte nicht nur einfach die Sportler verbinden und für den Rest verschliesst man die Augen.»

«Olympia gehört in ein Land, in dem es schneit»

Für SVP-Nationalrat Albert Rösti ergeben Winterspiele in China sowieso keinen Sinn: «Olympia gehört doch nicht in ein Land, in dem es nicht schneit.» Damit sind die Politiker zurück in der Schweiz. Für Marianne Binder ist der Fall klar: «Mit den richtigen Rahmenbedingungen würde ich eine Kandidatur der Schweiz unterstützen.» Man müsse die Spiele aber womöglich auf mehrere Schultern verteilen.

Albert Rösti hätte dafür schon eine Idee: «Im Bündnerland kann man Bobfahren, in Kandersteg Skispringen, am Lauberhorn wäre die Abfahrt und der Riesenslalom fände im Wallis statt.», visioniert er. Für Balthasar Glättli wäre eine Aufteilung der Wettkämpfe unproblematisch, da die meisten Athletinnen und Athleten sowieso jeweils nur an einem Ort Wettkämpfe bestreiten müssten. «Im Grundsatz müssen wir es wieder möglich machen, dass Olympische Winterspiele wieder dort stattfinden können, wo von sich aus Schnee liegt.»

veröffentlicht: 7. Februar 2022 12:18
aktualisiert: 7. Februar 2022 15:25
Quelle: ZüriToday

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