Kampfjet-Bericht

Politiker reichen Beschwerde gegen Rundschau ein

08.02.2022, 09:43 Uhr
· Online seit 08.02.2022, 09:29 Uhr
Skandal oder nicht? Die neuen Kampfjets müssen gemäss VBS-Szenarien Ziele in Europa bombardieren können. Mit dieser Recherche wollte SRF eine Bombe platzen lassen. Doch im Bundeshaus ging der Schuss nach hinten los: Bürgerliche haben bei der SRG-Ombudsstelle Beschwerde eingereicht.
Matthias Steimer
Anzeige

«Ich tische Ihnen keine Hirngespinste auf», verspricht der Moderator, als wäre es kaum zu fassen, was die Rundschau sogleich aufdeckt. Der Beitrag «Bomben über Tschechien» wurde angekündigt als «Recherche, die einschlägt». Bereits die Tagesschau wies ausführlich auf die Enthüllungen von «SRF investigativ» hin. Ein landesweiter Aufschrei blieb indes aus – dafür hat die Rundschau nun eine Beschwerde am Hals. «SRF, der Freund und Helfer der GSoA», heisst es im Schreiben an die SRG-Ombudsstelle, das ZüriToday vorliegt.

Prominente Beschwerdeführer

Der Gang vor die Ombudsstelle war wenige Stunden nach der Ausstrahlung beschlossene Sache. Militärnahe Parlamentarier, verbunden in der «Allianz Sicherheit Schweiz», haben am Samstag die Beschwerde eingereicht. Unterzeichnet von FDP-Präsident Thierry Burkart und SVP-Ständerat Werner Salzmann – beide kamen im beanstandeten Rundschau-Bericht selbst zu Wort. Als Dritter signierte der ehemalige Militärpilot und SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Die Beanstander sprechen von Stimmungsmache gegen den neuen Kampfjet und Skandalisierung.

Alles nur Stimmungsmache von SRF?

Der von SRF aufgedeckte vermeintliche Skandal: Das Verteidigungsdepartement habe die neuen Kampfjets im Bewerbungsverfahren virtuell Kriegsszenarien durchspielen lassen. Szenarien, in denen die Schweiz Ziele in Tschechien und Deutschland bombardiere, um sich vor einem drohenden Angriff zu schützen. Ein Affront gegenüber den befreundeten Ländern? Die Ziele wurden im Beitrag auf einer Europakarte eingezeichnet. Nur: In den Originaldokumenten des Bundes finden sich keine realen Länder. Die Zielkoordinaten sind in einem grenzfreien, namenlosen Raum ausserhalb der Schweiz. Dies erklärte schon ein sichtlich genervter Luftwaffenkommandant nach dem 20-minütigen Beitrag im Rundschau-Studio. Peter Merz stellte im Interview das militärische Verständnis der Autorinnen infrage. Fiktive Kriegsszenarien seien normal, hielt er sinngemäss fest. Auch die bürgerlichen Politiker nervten sich gewaltig. Man müsse als Käufer wissen, wozu die Kampfjets auch in unwahrscheinlichen Szenarien fähig seien.

Unterschriftensammlung gegen Kampfjet läuft

Hurter sagt gegenüber ZüriToday: «Statt objektiv zu informieren, beginnt SRF, Politik zu betreiben.» Hintergrund: Aktuell sammeln linke Kreise Unterschriften gegen den Kauf des neuen Kampfjets F-35, für den sich der Bund entschieden hat. Ihnen kämen Kriegsszenarien gegen befreundete Staaten als Argument zupass. Anders als im Rundschau-Beitrag suggeriert, sei das erwähnte Kriegsszenario für die Auswahl des neuen Kampfjets aber nicht relevant gewesen, halten die Beanstander mit Verweis auf das VBS fest. Sie sehen das Sachgerechtigkeits- und das Transparenzgebot verletzt. Letzteres deshalb, weil im Beitrag nicht erwähnt wurde, dass der gezeigte Militärexperte Peter Hug nebenher als politischer Berater versuche, Kampfjets zu verhindern.

Nach dem Votum der Ombudsstelle können die Beanstander die Berichterstattung auch noch von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz beurteilen lassen.

veröffentlicht: 8. Februar 2022 09:29
aktualisiert: 8. Februar 2022 09:43
Quelle: ZüriToday

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch