Zürcher Gewässer sind für viele Geflüchtete eine Gefahr
Quelle: TeleZüri-Beitrag vom 24. September 2018
Der Schwimmunterricht in der Primarschule: Die einen liebten ihn, die anderen verabscheuten ihn. Für die meisten Kinder im Kanton Zürich gehört der Unterricht für das Seepferdchen- oder Eisbär-Abzeichen aber schlicht zum Unterricht dazu. Dementsprechend können die meisten Menschen, welche hierzulande zur Schule gingen, schwimmen.
Anders sieht die Situation bei geflüchteten Menschen aus. Viele von ihnen haben nie gelernt, zu schwimmen. In den Durchgangszentren der Asylorganisation Zürich AOZ wird deshalb auf die Gefahr von offenen Gewässern aufmerksam gemacht.
Baderegeln auf Arabisch und Farsi
Nicht nur werden die Asylsuchenden in den Durchgangszentren auf Gefahren, welche von Gewässern ausgehen können, aufmerksam gemacht, es liegen auch die Baderegeln der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG vor. In verschiedenen Sprachen, unter anderem in Arabisch, Farsi oder Tigrinya. Farsi wird in Iran gesprochen, Tigrinya in Eritrea.
Baderegeln allein sind zwar hilfreich, um Personen ohne Schwimmkenntnisse zumindest bis zu einem gewissen Grad vor der «Gefahr Wasser» zu schützen. Um die Gefahr im Gewässer aber noch stärker zu minimieren, müssen Schwimmkenntnisse her.
Schwimmkurse zur gesellschaftlichen Integration
Schwimmkurse für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe gibt es in der Stadt Zürich gratis über das städtische Sportamt. Für Erwachsene hingegen gibt es keine Gratiskurse. Es gibt in der Stadt Zürich einige relativ günstige Grundkurse. Viele Schwimmkurse für Anfängerinnen und Anfänger kosten aber auch schnell mehrere hundert Franken. Geld, das viele Geflüchtete nicht haben.
Die AOZ bietet deshalb über das Freiwilligenprogramm kostenlosen Schwimmunterricht an, schreibt die AOZ auf Anfrage von ZüriToday. Das Interesse sei gross, die Kurse regelmässig ausgebucht.
Rettungsschwimmerin des Jahres
Auch bei der SLRG gab es gratis Schwimmkurse für Geflüchtete. Im Rafzerfeld hat Schwimmlehrerin und SLRG-Rettungsschwimmerin Patrizia Herrmann diese initiiert. Von der SLRG wurde sie 2016 dafür als Rettungsschwimmerin des Jahres ausgezeichnet, gemeinsam mit Neil Herrmann.
«Begonnen hat das Ganze auf privater Ebene, in den Sommerferien», erzählt Patrizia Herrmann. Ein Verein hat die Badi-Eintritte für die Asylsuchenden übernommen und sie haben im Freibad einzelne Schwimmlektionen gegeben. Daraus entstanden Schwimmkurse für Geflüchtete. Die Nachfrage nach den Gratiskursen war sehr gross, dann kam Corona.
Zeitweise waren die Hallenbäder zu, als sie mit den Kursen wieder hätten beginnen dürfen, durften sie das Hallenbad nicht mehr für die Trainings benutzen. Grund: ein baldiger Umbau. «Somit hatten wir plötzlich kein Wasser mehr», sagt Patrizia Herrmann.
«Wir kamen dann im Hallenbad Rheinau unter.» Dort erhielt die SLRG-Sektion Rafzerfeld aber nur zwei Bahnen für eine Stunde, in welchen die Sektion die Kinder-, Jugend- und Erwachsenentrainings durchführt. Für die Schwimmkurse der Asylsuchenden war kein Platz mehr.
Es geht hoch bis zum Rettungsschwimmer
«Seit diesem Jahr schwimmt nun auch wieder eine Gruppe von geflüchteten Frauen bei uns mit.» Die Kurs- und Eintrittskosten übernimmt die SLRG-Sektion Rafzerfeld. Wenn die Schwimmtechnik dies zulässt, übernimmt die Sektion auch die Kosten für die Ausbildung zum Rettungsschwimmer. «Diese haben auch bereits zwei Frauen und ein Mann absolviert und bestanden.»
Das Spezielle an den Kursen sei, dass man dabei eine Integrationsmöglichkeit bieten kann. Eine der Kursteilnehmerinnen hat das Schwimmen von Grund auf gelernt. Später unterstützte sie die Trainings in den Anfängerkursen für Asylsuchende selbst.
Nach einem Praktikum und dem angenommenen Asylantrag wurde die Frau dann als Schwimmlehrerin und Bademeisterin angestellt. Eine zweite junge Frau engagiert sich als Schwimmtrainerin in Sportferienlagern für Migrationskinder. «Die Personen geben ihr Wissen weiter und helfen so mit, Wasserunfälle zu verhindern.»
Freiwillige Schwimmlehrer gesucht
Beim Solinetz, einem Verein, der sich für geflüchtete Menschen einsetzt, gibt es aktuell nur gratis Schwimmkurse für geflüchtete Frauen. Die Kurse sind ausgebucht, die Warteliste voll. Auf der Website schreibt der Verein, dass die Warteliste hoffentlich nach den Sommerferien 2023 wieder geöffnet werden kann. Solinetz will auch einen Kurs für Männer anbieten, braucht dafür aber freiwillige Schwimmlehrer, welche einmal die Woche einer Gruppe von geflüchteten Männern das Schwimmen beibringen wollen.
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