Quelle: So strahlen die neu gewählten Zürcher Nationalrätinnen und Nationalräte / ZüriToday / TeleZüri /Olivia Eberhardt
Die Wählenden waren schneller als die Gewählte: Bis heute kann die Autorin und LGBTQ-Aktivistin Anna Rosenwasser noch nicht ganz glauben, dass sie tatsächlich künftig für die SP im Nationalrat sitzen soll. «Aaaaaaaaaa», lautet ihre Reaktion auf die Gratulationen auf Instagram. Stolze 92'462 Stimmen erzielte sie, obwohl sie lediglich auf Listenplatz 20 stand.
Noch hat sie sich nicht entschieden, ob sie das Amt überhaupt annehmen will. Sie will zuerst abklären, womit ein solches Amt wirklich verbunden ist, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Eine Hürde sieht sie in ihrer mit Lesungen, Moderationsauftritten und einem eigenen Anlass gefüllten Agenda. Zudem steht die Wintersession ihren lang ersehnten Ferien im Weg.
«Fühlt sich jemand veräppelt?»
Auf X, vormals Twitter, sorgt Rosenwassers Zögern für Wirbel. «Fühlt sich im Kanton Zürich jemand veräppelt?», fragt ein User. Es gäbe bei der SP Leute, die wirklich mit Leidenschaft im Nationalrat politisieren möchten, so der User. «Kandidieren ist kein Spiel.» Gerichtet an Rosenwassers «Büsis», wie sie ihre Follower nennt, schreibt eine Userin: «So wenig Respekt bringt euch eure Anna und der Demokratie entgegen. Eine Wahl ist kein queeres Tiktok-Event.» Ein User spricht derweil von einem «erbärmlichen Demokratieverständnis.»
Fühlt sich im Kanton Zürich jemand veräppelt?
— Michael Steiner (@AnwaltSteiner) October 23, 2023
"Am Tag 1 nach der Wahl will Rosenwasser noch kein definitives Ja abgeben auf die Frage, ob sie das Mandat annimmt."
"...sich Orientierung dazu verschaffen, womit ein solches Mandat wirklich verbunden sei."https://t.co/5hrj8P3gMk
Liebe Büsis (😳) so wenig Respekt bringt euch eure Anna und der Demokratie entgegen.
— Henriette L (@HenrietteLevy) October 23, 2023
Eine Wahl ist kein queeres TikTok Event!
«Am Tag 1 nach der Wahl will Rosenwasser noch kein definitives Ja abgeben auf die Frage, ob sie das Mandat annimmt.» Keine Ahnung, «womit ein solches…
Einige User verteidigen das Zögern der gewählten Nationalrätin aber auch. Auf Listenplatz 20 rechne man in der Regel nicht mit einer Wahl, antwortet eine Userin. «Dass sie sich das jetzt gut überlegt und mit Freunden bespricht, zeugt von Verantwortungsgefühl.»
Rosenwasser will bald definitive Entscheidung kommunizieren
Anna Rosenwasser nahm am Dienstagmorgen auf Anfrage von ZüriToday Stellung zur Kritik. Später zog sie ihre Zitate zurück. «Ich habe beschlossen, meine Zitate zurückzuziehen, um bald meine definitive Entscheidung zu kommunizieren», antwortete sie kurze Zeit später.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
Anna Rosenwasser ist seit einigen Jahren eine bekannte Schweizer LGBTQ-Aktivistin. Viele Stimmbürgerinnen und -bürger dürften sie vor allem wegen ihrer Person gewählt haben. Manche bezeichnen ihre Wahl etwa als «Lichtblick» oder «absolutes Wahl-Highlight».
Dies wirft die Frage auf, warum ihre Wahl sie derart überrumpelte. Ihr Ziel sei es gewesen, mehr junge Menschen und mehr Frauen zum Wählen zu bringen, «und das am liebsten links», sagte sie dem «Tages-Anzeiger». Darum habe sie sich auf die SP-Liste setzen lassen. Der Listenplatz 20 sei ihr recht gewesen, «um bestimmt nicht gewählt zu werden».
Frist unbekannt
Die SP Kanton Zürich hat Verständnis für Anna Rosenwassers Vorgehen. «Es ist nachvollziehbar, wer auf Platz 20 kandidiert, kann nicht von einer Wahl ausgehen und muss sich diese Frage vor einer Kandidatur etwas weniger stellen», sagt Andreas Daurù, Co-Präsident der SP Kanton Zürich.
Es sei wichtig, sich einen solchen Schritt reiflich zu überlegen, so Daurù. «Es spricht für Anna Rosenwasser, dass sie sich diese Überlegungen macht und wir als Partei stehen voll und ganz hinter ihr.» Seine Partei würde sich freuen, sie als Nationalrätin zu haben.
Noch ist unklar, wann die Entscheidung der gewählten Nationalrätin fallen wird. Die SP Kanton Zürich sei noch nicht dazugekommen genauer abzuklären, wie lange die Frist gelte, sagt Andreas Daurù. Sollte die Gewählte absagen, würde Michèle Dünki Bättig nachrücken.