Statt Hausbesuchen

Zeugen Jehovas versenden zehntausende handgeschriebene Karten

07.02.2022, 07:41 Uhr
· Online seit 07.02.2022, 06:17 Uhr
Um neue Mitglieder anzuwerben, ziehen die Mitglieder der Zeugen Jehovas in Zürich eigentlich von Tür zu Tür. Eigentlich – doch seit Beginn der Pandemie sind Briefe und Karten an die Stelle der Hausbesuche getreten.
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Die Coronakrise bestimmt seit Ausbruch der Pandemie grosse Teile unseres Lebens. Eine der zentralen Anweisungen lautet: Halten Sie Abstand. Diese Regel hat auch für die Zeugen Jehovas weitreichende Konsequenzen. Um neue Anhängerinnen und Anhänger zu gewinnen, zogen ihre Vertreter üblicherweise von Haustüre zu Haustüre. Diese Hausbesuche sind mit Ausbruch der Pandemie einer neuen Praxis gewichen: dem Schreiben von Briefen und Karten.

Handgeschriebene Karten 

Eine solche handgeschriebene Karte erhält auch eine ZüriToday-Redaktorin in ihrem Briefkasten in Zürich-Wipkingen. Darin schreibt ein Mitglied der Zeugen Jehovas, die Bibel gebe ihm Hoffnung für die Zukunft und verweist auf die Website der Vereinigung.  

Gemäss einem Zürcher Mitglied der Zeugen Jehovas handle es sich hier um einen Freiwilligendienst, den die Angehörigen leisten, um die «gute Botschaft der Bibel weiterzuverbreiten». Viele Mitglieder schreiben mehrere solcher Karten oder Briefe pro Woche, wie das Mitglied weiter ausführt.

Nicht alle Mitglieder sind gleich fleissig

Dies bestätigt auch der Religionswissenschaftler Georg Otto Schmid von der Evangelischen Informationsstelle relinfo.ch: «Von den Mitgliedern, welche die Möglichkeit dazu haben, wird der wöchentliche Einsatz im sogenannten Predigtdienst sogar erwartet.» Wer weniger macht, sollte dafür gute Gründe haben, so Schmid. Natürlich gebe es auch Mitglieder, die weit weniger tun als vorgesehen, diese gelten dann aber nicht als vorbildliche Zeugen.

Darüber, wie viele Briefe und Karten die Anhänger der Zeugen Jehovas seit Pandemiebeginn verschickt haben, lässt sich nur spekulieren. 2019 zählte die Gemeinschaft in der Schweiz rund 19'000 Mitglieder. Hätte davon jede und jeder fünf Karten verschickt, wären das rund 95'000 Sendungen. Ein Mitglied bestätigt auf Anfrage von ZüriToday: «Ich gehe von über 100'000 versendeten Briefen und Karten während der Pandemie aus.» Auch eine zweite Quelle aus dem Inneren der Gemeinschaft bestätigt, dass die Marke von 10'00 mit allergrösster Wahrscheinlichkeit überschritten worden sei.

Wachstum bleibt unverändert

Mit Blick auf die Mitgliedszahlen der Zeugen Jehovas scheint weder die Pandemie noch der Wechsel von den Besuchen an der Haustür auf Karten und Briefe einen grossen Einfluss zu haben. Dies bestätigt auch Georg Otto Schmid, der lediglich bei einsamen Seniorinnen und Senioren einen gewissen missionarischen Erfolg der Sekte beobachtet.

Die Zeugen Jehovas ihrerseits werden auch weiterhin auf Mitgliederfang sein. Mit handgeschriebenen Briefen und Karten, mit Zeitschriften-Trolleys auf der Strasse  – und wenn es die Situation wieder erlaubt auch wieder an der Haustüre.

veröffentlicht: 7. Februar 2022 06:17
aktualisiert: 7. Februar 2022 07:41
Quelle: ZüriToday

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