Mit dem ersten Vollmond des Frühlings beginnt für die jüdische Gemeinschaft das Fest zum Pessach. Die ausgiebigen Festlichkeiten dauern acht Tage lang, dieses Jahr vom Abend des 5. Aprils bis zum Abend des 13. Aprils.
Im Kanton Zürich leben mit über 6000 Juden die meisten Angehörigen der jüdischen Glaubensgemeinschaft in der Schweiz. Trotzdem wissen viele Zürcherinnen nicht, was es mit dem Pessach-Fest auf sich hat. Liron Blumberg, Zürcher Jude und Volontär bei Radio 24, erzählt im Gespräch mit ZüriToday, was Pessach ist und wie seine Familie das Fest feiert.
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Liron, was ist Pessach?
Pessach ist ein Fest, das aus einer Geschichte des alten Testaments stammt. Es geht um die Flucht des israelischen Volkes aus Ägypten, wo Israeliten über 500 Jahre als Sklaven gehalten wurden. Und diesen Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Sklaverei, feiern wir ab heute.
Was bedeutet «Pessach»?
Übersetzt bedeutet Pessach «Überschreitung». Es verweist auch auf die Bibelgeschichte. Vor der Flucht aus Ägypten hat Gott zehn Plagen über das Land gebracht. Eine davon war der Tod aller Erstgeborenen. Damit die Israeliten verschont blieben, kennzeichneten die Juden mit dem Blut eines Lamms ihre Türen. Somit hat Gott die jüdischen Häuser «überschritten» und alle jüdischen Erstgeborenen vom Tod bewahrt.
Wie feiern du und deine Familie das Fest?
Das ganze Pessach-Fest dauert acht Tage, an denen wir verschiedenste spezielle Bräuche ausüben. Pessach beginnt heute mit dem ersten Sederabend, an dem die ganze Familie und Freunde zusammenkommen. Morgen ist der zweite Seder.
Seder ist eine zeremonielle Mahlzeit und läutet die Festtage ein. «Seder» ist hebräisch und heisst «Ordnung». Und genau darum geht es heute und morgen Abend. Es gibt verschiedene Bräuche, die wir Schritt für Schritt abhandeln. Das Fest geht bis in die Nacht – es wird gesungen und gegessen.
Welche Bräuche übt ihr aus?
Insgesamt sind es 15 Bräuche, durch die uns mein Vater leitet. Es gibt zum Beispiel einen Brauch, bei dem wir Traubensaft trinken. Bei einem anderen Brauch waschen wir uns die Hände. An einem weiteren Punkt erzählt mein Vater die Geschichte des Exodus aus Ägypten. Das ist eigentlich das Wichtigste am Abend: Dass man erzählt, wie wir aus Ägypten herausgekommen sind.
Ein anderer wichtiger Punkt – mein Lieblingsbrauch – ist das Essen.
Was esst ihr denn am Sederabend?
Während Pessach dürfen wir keine gesäuerten Lebensmittel essen oder besitzen. Also beispielsweise Esswaren, die aufgehen wie Weizen oder anderes Getreide. Die Mahlzeiten dürfen auch nicht mit Geschirr in Kontakt kommen, mit denen normalerweise gesäuerte Mahlzeiten gegessen werden. Deshalb haben wir separates Besteck und Geschirr, das wir alle Jahre für Pessach aus dem «Archivzimmer» herausholen. Es ist ein richtiges Familien-Happening, wenn ich gemeinsam mit meinen Geschwistern und Eltern alles hinauftrage für das Fest. Die Küchenschränke räumen wir aber nicht aus. Die versehen wir mit Klebeband, dass wir nicht aus Gewohnheit doch zum normalen Geschirr greifen.
Am Sederabend gibt es den Sederteller mit verschiedenen symbolischen Speisen. Jede Speise auf dem Teller hat eine bestimmte Bedeutung, die an den Exodus aus Ägypten erinnert. Diese werden in einer bestimmten Reihenfolge gegessen. Auch hier geht es – wie der Name schon sagt – um Seder, also um Ordnung. Danach gibt es verschiedene ungesäuerte Mahlzeiten.
Wieso dürft ihr an Pessach keine gesäuerten Lebensmittel essen?
Das hat auch wieder einen historischen Hintergrund. Auf der Flucht des Volkes Israel aus Ägypten hatten die Juden nicht mehr als 18 Minuten Zeit, um Essen zuzubereiten. Daher blieb ihnen keine Zeit, den Teig fürs Brot aufgehen zu lassen. Deshalb essen wir an Pessach statt Brot die sogenannte Matze. Wir nennen es auch das «Brot der Armen». Das ist wie ein Knäckebrot, das eigentlich nach nichts schmeckt. So erinnern wir uns bei den Mahlzeiten an Pessach immer daran, wie es unseren versklavten Vorfahren auf der Flucht ging.
Was ist für dich das Beste an Pessach?
Das Beste? Hmmm… Wenn es wieder vorbei ist (lacht). Nein, es gefällt mir am besten, mit allen über die Herkunftsgeschichte zu sprechen und darüber zu diskutieren. Wir versuchen jedes Jahr, verschiedene Themen aufzugreifen und sie im heutigen Kontext neu zu besprechen. Und auch das gemeinsame Singen am Abend finde ich sehr schön.
Aber die erste Pasta nach Pessach – die ist schon ziemlich krass. Als erste Mahlzeit nach den Festtagen gibt es bei uns zuhause immer einen riesigen Topf Pasta. Auf diesen freue ich mich jetzt schon.
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