Urteil folgt im März

Verteidiger im Menschenhandel-Fall verlangt Genugtuung

16.02.2023, 16:00 Uhr
· Online seit 16.02.2023, 14:31 Uhr
Im Menschenhandel-Fall am Zürcher Bezirksgericht hat der Verteidiger des Bauunternehmers am Donnerstag die meisten Vorwürfe zurückgewiesen: Die ausländischen Arbeiter seien nicht ausgebeutet worden – sie hätten viel verdienen können. Das Urteil folgt im März.
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Im Menschenhandel-Fall am Zürcher Bezirksgericht hat der Verteidiger des Bauunternehmers am Donnerstag die meisten Vorwürfe zurückgewiesen: Die ausländischen Arbeiter seien nicht ausgebeutet worden – sie hätten viel verdienen können.

Dass der Bauunternehmer seine ungarischen und moldawischen Arbeiter nur schlecht oder gar nicht zahlte, führte der Verteidiger auf «organisatorische und finanzielle Überforderung» zurück. Nachdem ein Generalunternehmer die Akonto-Zahlungen an seinen Mandanten eingestellt habe und ihm ein weiterer Grossauftrag entzogen worden sei, sei er unter grossen Druck geraten.

«Weder wehr- noch machtlos»

Damit strafrechtlich überhaupt von Menschenhandel die Rede sein könnte, müsste eine Ausbeutung in grosser Intensität wie im Bereich der Prostitution, von Sklaverei oder Zwangsarbeit vorliegen, brachte der Verteidiger weiter vor.

Die Arbeiter seien aber freiwillig in die Schweiz gereist und hätten keine Arbeit gegen ihren Willen ausgeführt. Alle seien auch bereits zuvor bereits einmal im Ausland einer Arbeit nachgegangen, sie seien damit weder wehr- noch ahnungslos gewesen.

Während die Staatsanwältin am ersten Prozesstag am Mittwoch von Drohungen gesprochen hatte, verwies der Verteidiger auf ein «allgemein raues Klima» und eine «beidseits ruppige Kommunikation».

Unternehmer sieht moralische Verfehlung

Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer am Mittwoch eine Verurteilung wegen Menschenhandels sowie einer Vielzahl weiterer Delikte und eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten für den 42-jährigen Unternehmer.

Dessen Verteidiger verlangte nun Freisprüche von den meisten Vorwürfen und für verbleibende Schuldsprüche in Nebenpunkten wie Misswirtschaft und Förderung der illegalen Einreise eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine angemessene Geldstrafe.

Er hatte nie vor, keine Löhne zu zahlen

Da der Mann fast drei Jahre in Untersuchungshaft sass, beantragte er für die sogenannte Überhaft eine Entschädigung von rund 280'000 Franken.

Der beschuldigte Bauunternehmer nahm an der zweitägigen Verhandlung nicht teil. Das Bezirksgericht hatte ihn dispensiert. Über seinen Anwalt liess er ausrichten, dass er betroffenen Bauarbeitern 40'000 Franken ausstehende Löhne bezahlen wolle. Dazu fühle er sich ethisch-moralisch verpflichtet. Sein Mandant habe nie vorgehabt, keine Löhne zu zahlen. Ihm seien einfach die Baustellen über den Kopf gewachsen.

Das Bezirksgericht Zürich wird das Urteil am 20. März fällen. 

(sda/mhe)

veröffentlicht: 16. Februar 2023 14:31
aktualisiert: 16. Februar 2023 16:00
Quelle: ZüriToday

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