Der Krieg in der Ukraine geht in den dritten Sommer. Gross ist der Wunsch nach einem Ende schon lange. Auf den Friedens-Gipfel im Kurort Bürgenstock blicken die Schweizerinnen und Schweizer mit Hoffnung, aber auch mit viel Skepsis.
100 Staatsgäste haben ihre Teilnahme für die Ukraine-Konferenz angekündigt. Nicht dabei sein wird Russland, das am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschierte. Auch China fehlt und Brasilien kommt nur als Beobachter.
Die Friedenskonferenz habe das Ziel, einen Friedensprozess aufzugleisen, sagte Aussenminister Ignazio Cassis (FDP). «Wir wissen, dass es nicht so wird, dass wir am Sonntagabend nach Hause kommen und wir ein Friedensabkommen haben – das wäre natürlich naiv.» Aber wenn die Schweiz am Sonntag einen Friedensprozess lanciert habe, könne sie stolz sein.
«Viel Show für gewisse Politiker»
Die Ukraine-Konferenz kann SVP-Parteipräsident Marcel Dettling trotzdem nicht überzeugen. «Es wird eine teure Konferenz. Viel Show für gewisse Politiker», sagt er zu ZüriToday. Seiner Meinung nach hätte Russland eingeladen werden müssen. «Es müssen alle Konfliktparteien an den Tisch, sonst sind Friedensverhandlungen sinnlos.»
Auf der Traktandenliste sind die Themen Lebensmittelsicherheit, nukleare Sicherheit und Sicherung sowie humanitäre Aspekte. Dettling: «Es weiss gar niemand so genau, was besprochen wird. Es ist auf jeden Fall keine Friedenskonferenz, die diesen Namen verdient.» Er hoffe einfach, dass der Bürgenstock nicht zu einer Propaganda-Konferenz werde «und der Krieg noch mehr eskaliert und die Schweiz ist mittendrin».
Mitte-Präsident Gerhard Pfister ist der Meinung, dass die Schweiz nicht zu hohe Erwartungen an die Konferenz haben sollte. «Sie ist die Auftaktveranstaltung zu hoffentlich weiteren Konferenzen, die zum Ziel haben, dass der Krieg in der Ukraine beendet wird.» Dazu brauche es solche Konferenzen, mit möglichst vielen teilnehmenden Staaten. Es werde sich erst noch zeigen müssen, ob dieser Anlass ein Schritt zum Frieden gewesen sei. «Aber den Schritt deswegen nicht zu machen, weil das Resultat noch nicht da ist, wäre falsch.»
«Verhandelt wird ein Fahrplan»
Klare Hoffnungen hat SP-Co-Parteipräsident Cédric Wermuth. «Es ist zu hoffen, dass sich alle teilnehmenden Staaten auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen können, die einen ersten Schritt im Prozess für einen gerechten und nachhaltigen Frieden darstellt», sagt er. Klar sei, dass auf dem Bürgenstock kein Friedensvertrag verhandelt werde, sondern ein Fahrplan, wie man dahin kommen könne. «Zudem geht es auf dem Bürgenstock darum, konkrete Lösungsansätze für die humanitäre Situation in der Ukraine, die nukleare Sicherheit und die Lebensmittelsicherheit aufzuzeigen.»
Wermuth lobt die Themenwahl. So könne sich die Konferenz mit ganz konkreten Themen wie der humanitären Situation, der nuklearen Sicherheit und der Lebensmittelsicherheit befassen. «Dies sind wichtige kurz- und mittelfristige Schritte, welche die langfristigen Chancen auf einen gerechten und nachhaltigen Frieden erhöhen.»
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Natürlich werde es Russland brauchen, um zu einem späteren Zeitpunkt einen Friedensvertrag auszuhandeln, sagt Wermuth. «Da Russland momentan nicht an einem gerechten Frieden und ernsthaften Friedensverhandlungen interessiert ist, kann sich die Konferenz nur auf kurz- und mittelfristige Herausforderungen wie die humanitäre Situation, die nukleare Sicherheit und die Lebensmittelsicherheit fokussieren.» Sie könne aber auch der Ukraine den Rücken stärken, indem ein Fahrplan dargelegt werde, wie ein gerechter und nachhaltiger Frieden erreicht werden könne.
«Resultat hängt zu einem kleinen Teil von der Schweiz ab»
Als Veranstalterin des Friedens-Gipfels mag der Eindruck entstehen, die Schweiz hätte einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des Friedens-Gipfels. Für FDP-Parteipräsident Thierry Burkart ist die Rolle der Schweiz klar. Sie könne ihre Fähigkeiten in der Diplomatie und in der Organisation solcher Konferenzen in den Dienst der internationalen Gemeinschaft stellen, sagt er. «Das Resultat hängt hingegen nur zu einem kleinen Teil von der Schweiz ab.»
Geht es nach Burkart, «wäre es selbstverständlich optimal gewesen», wenn sich alle an einen Tisch gesetzt hätten. «Zurzeit ist das offenbar nicht möglich. Die Konferenz kann aber der Beginn eines Prozesses sein.» Die traktandierten Themen bezeichnet er als wichtig. «Sie sind im Interesse aller Länder der Welt und damit eine gute Grundlage für ein erstes Treffen.»
Zum möglichen Resultat der Konferenz äussert sich Burkart zurückhaltend. Wie lange der Weg Friedensverhandlungen noch sei, können niemand sagen. Es handle sich um einen Schritt in einem komplexen und wahrscheinlich langwierigen Prozess. Er ist aber auch optimistisch: «Zumindest sieht man bereits, dass nun über Frieden gesprochen wird und sich eine Dynamik entwickelt – beispielsweise auch rund um die BRICS-Staaten. Was auch immer geschieht, diese Begegnungen sind wichtig.»