Amokfahrt

Trotz Prügeleien mit anderen Fahrern und gerammten Autos gibts milde Strafe

· Online seit 28.04.2022, 09:06 Uhr
Ein 52-Jähriger begab sich im letzten Juni auf eine eindrückliche Autofahrt in Zürich. Er erhält eine 18-seitige Anklageschrift, kommt aber mit einer ambulanten Massnahme davon.
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Ein heute 52-jähriger Mann lieferte am 1. Juni 2021 eine abenteuerliche Autofahrt, die ihn in zehn Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern geraten liess. Er rammte Autos und bedrohte oder schlug andere Fahrer oder Fahrzeuge. Die Folge: eine 18-seitige Anklageschrift mit über 16 verschiedenen Straftatbeständen. Die Delikte gehen von einfacher Körperverletzung bis hin zur Nötigung und mehrfacher grober Verkehrsregelverletzung. Der IV-Rentner stand unter Einfluss von Alkohol und Mirtazapin, ein Antidepressivum. Dies berichtet die NZZ.

In Volketswil die Amokfahrt los

Aufgefallen ist der IV-Rentner am frühen Abend, als er auf der Einspurstrecke zur Autobahn in Volketswil einfach stehen blieb. Der Fahrer hinter ihm hupte, woraufhin der Beschuldigte ausstieg und mit der Faust eine Beule in die linke Hintertüre des anderen Autos schlug. Kurze Zeit später fuhr er auf der Autobahn in Wallisellen Schlangenlinie, hupte und zeigte einem anderen Autofahrer den Mittelfinger. Schliesslich rammte er dessen Auto seitlich und fuhr weiter als wäre nichts gewesen.

Dieses Manöver wiederholte der Mann bei einem anderen Wagen, der neben ihm herfuhr. Er streifte dessen Seitenspiegel und fuhr mit voller Wucht gegen die Fahrzeugseite. Er wechselte den Fahrstreifen und bremste zweimal plötzlich ab – fast bis zum Stillstand.

Als der Fahrer des angefahrenen Wagens hupte, stieg der abenteuerliche Autofahrer aus und schlug dem Lenker durch das offene Fenster ins Gesicht. Ausserdem haute er mit dem Ellenbogen gegen das danach geschlossene Fenster und trat mit dem Fuss gegen die Motorhaube.

Einer zufälligen Begegnung mit der Polizei wich er auf seiner weitern Fahrt aus und in der Innenstadt kam es dann zu weiteren Konflikten.

Welche Strafe und welche Therapie ist angemessen?

Der IV-Rentner gab vor Gericht an, sich an nichts erinnern zu können. Er sagte aber, er könne sich vorstellen, dass es ihm passiert sei und es tue ihm leid. Die Straftaten erklärt er damit, dass er aufgrund der Trennung von seiner Ehefrau in eine psychische Abwärtsspirale geraten sei.

Das psychiatrische Gerichtsgutachten habe er verstanden, gebe aber nicht sein Einverständnis. Es diagnostiziert ihm eine bipolare affektive Störung mit manischem Syndrom und eine Alkoholabhängigkeit. Zum Zeitpunkt der Fahrt sei seine Schuldfähigkeit demnach in schwerem Masse vermindert gewesen. Der Beschuldigte sieht allerdings eine ambulante Therapie anstelle einer stationären Massnahme als ausreichend.

Das Bezirksgericht Bülach verurteilt den Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten. Das Gericht sieht den Sachverhalt als erstellt an. Aufgrund des Gutachtens sei der Beschuldigte klar behandlungsbedürftig. Das Gutachten spreche sich zwar für eine stationäre Massnahme aus. Das Gericht gehe aber davon aus, dass sich der Beschuldigte im Gefängnis habe auffangen können und eine ambulante Therapie ausreichend sei. Es glaube dem Beschuldigten, die bipolare Störung anerkannt und eingesehen zu haben, dass diese medikamentös behandelt werden müsse.

(hap)

veröffentlicht: 28. April 2022 09:06
aktualisiert: 28. April 2022 09:06
Quelle: ZüriToday

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