Schauspielhaus Zürich

Wie ein Theaterstück rassistische Polizeigewalt sichtbar macht

10.02.2022, 10:06 Uhr
· Online seit 10.02.2022, 07:06 Uhr
Rassismus in der Schweiz wird sichtbarer – besonders struktureller Rassismus, verbunden mit rassistischer Polizeigewalt. Fatima Moumouni und Laurin Buser haben ein Stück geschrieben, das im Schauspielhaus Zürich aufgeführt wird und seit Wochen ausverkauft ist. Wir sprechen mit der Regisseurin Suna Gürler darüber und warum Theater für das Thema wichtig ist.
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Seit den Black Lives Matter Demonstrationen im Jahr 2020 ist vor allem auch rassistische Polizeigewalt in der Schweizer Öffentlichkeit ein sehr präsentes Thema. Denn Rassismus im Land zeige sich häufiger bei ethnisch motivierten Polizeikontrollen – dem Racial Profiling –, so der Rat der afrikanischen Diaspora in der Schweiz. Das Stück «Bullestress» spielt genau auf Racial Profiling in der Schweiz an. Das Schweizer Spoken Word-Duo Fatima Moumouni und Laurin Buser zeigt damit die Problematik auf, dass Schwarze überdurchschnittlich oft von Polizeikontrollen betroffen sind und häufiger unter einem Generalverdacht stehen als weisse Menschen.

Seit Januar 2022 wird das Stück am Schauspielhaus Zürich aufgeführt und besticht durch temporeiches Schauspiel, Beats und Sprachwitz. Inhalt des Stücks: Fünf junge Menschen wollen gemeinsam Musik machen und produzieren Songs, die ‹wie eine Bombe einschlagen› sollen.

Gleichzeitig schlägt ein anderes Thema wie eine Bombe ein, was die Band vor eine Prüfung stellt, die sie stark an ihre Grenzen bringen wird. Eine Herausforderung, die sie vor allem emotional wachsen lässt. Ein Fall von rassistischer Polizeigewalt spaltet die Gruppe, weil die Einzelnen nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Wie sie über ein Thema reden sollen, welches nicht jeder erfährt, aber alle angeht. Und genau diese übergreifende emotionale Sprachlosigkeit ist für Regisseurin Suna Gürler die Grundlage von «Bullestress»: «Es ist ein grosses und belastendes Thema. Das Stück soll aufzeigen, welche Auswirkungen struktureller Rassismus auf die ganze Gesellschaft hat. Denn es betrifft uns alle.»

Das spannendste an dem Theaterstück sei aber, wie die beiden Autoren ein so komplexes Thema in ein knapp zweistündiges Stück gepackt haben. «Die unterschiedlichen Perspektiven auf Racial Profiling sind auf fünf Menschen in ihrem Alltag verteilt. Vor allem viele Schwarze Perspektiven werden aufgenommen, was schon sehr speziell ist », erzählt Gürler. Damit wird Rassismus greifbarer. Er gewinnt dadurch an Alltäglichkeit, was wiederum dem Zuschauer bewusst machen soll, dass Rassismus für sehr viele Menschen einfach trauriger Alltag ist. «In der Schweiz ist Racial Profiling eher ein unsichtbares Problem, denn die meisten sind davon nicht betroffen. Viele kennen diese Form von Rassismus überhaupt nicht.» Das zeigt sich besonders in den Rückmeldungen, die Gürler häufig erhalte. «Nach dem Theaterbesuch sagen mir weisse Menschen oft, dass ihnen eine neue Welt aufgegangen sei. Sie würden es jetzt verstehen.»

Und dafür ist das Theater ein gutes Mittel. Es macht Dinge erfassbar – neben der rationalen auch auf einer emotionalen Ebene. Die Menschen werden dadurch abgeholt. «Es wird ein Thema auf der Bühne behandelt, dass einfach alle angeht. Es wird ein viel grösserer Kontext aufgezeigt, denn Racial Profiling ist kein individuelles Thema mit Ablaufdatum», so die Regisseurin. Das Thema brenne unter den Nägeln und das zeige sich auch im Publikum: «Für Theater haben wir ein recht diverses Publikum.»

Die Laufzeit von «Bullestress» wird verlängert

Laut Gürler ist «Bullestress» aber auch eine Hommage: «Black Tiger gilt als erster Musiker, der seine Songs auf Schweizerdeutsch veröffentlicht hat. Das war 1991 und in einem seiner Songs kommt das Wort ‹Bullestress› vor.» Musik spielt in dem Stück schliesslich eine grundlegende Rolle.

Die restlichen Vorstellungen im Februar sind alle bereits ausverkauft. «Wir spielen aber weiter, die Laufzeit wird verlängert», verkündet Gürler. Die nächsten Aufführungen sind für den April geplant. Tickets dafür findest du hier. Und wer weiss, welche Wellen das Stück noch ausserhalb Zürichs schlagen wird. «Natürlich hätten wir Lust, auch in anderen Theatern zu spielen. Das hängt aber auch davon ab, ob und wie in diesem Jahr die Festivals stattfinden werden. An uns liegt es also nicht», erzählt Gürler abschliessend.

veröffentlicht: 10. Februar 2022 07:06
aktualisiert: 10. Februar 2022 10:06
Quelle: ZüriToday

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