Taxibranche nach Corona

«Viele Fahrer wurden gezwungen, von Mercedes auf Toyota zu wechseln»

23.02.2022, 08:28 Uhr
· Online seit 23.02.2022, 06:14 Uhr
Die Coronakrise hat der Taxibranche hart zugesetzt. Mit den Lockerungen kommt nun aber Hoffnung auf – die Maskenpflicht fällt. Dennoch leiden Taxifahrer nach wie vor unter den Folgen der Pandemie.

Quelle: ZüriToday / Eduard Brand

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«Für uns war es keine Coronakrise, es war eine Corona-Katastrophe», schaut der Präsident des Zürcher Taxiverbandes, George Botonakis, auf die vergangenen zwei Jahre zurück. In einer Krise könne man reagieren und Massnahmen treffen. «Die Taxifahrer sind aber hilflos. Sie können keinen Umsatz generieren, sondern müssen mit der Situation leben, die besteht. Deshalb ist es eine Katastrophe und keine Krise», so Botonakis zu ZüriToday.

«Stell dir vor, du gehst arbeiten und nach einem Arbeitstag kommst du mit 20 bis 80 Franken zurück. Damit musst du dann all deine Fixkosten und den Lebensunterhalt bezahlen. Oft reicht es gerade mal für das Taxi-Leasing. Dies war die besorgniserregende Realität für viele Zürcher Taxifahrer zu Beginn der Coronakrise», so Botonakis. In der Branche gebe es viele Post-Covid-Geschädigte. Kein Lohn, keine Alternativen, Unsicherheit und viel Konkurrenzkampf.

«Es fehlt an allen Ecken und Enden»

«Dank des Bundesratsentscheids ist nun aber endlich Land in Sicht. Ob alle dieses Land erreichen werden, ist aber immer noch sehr unsicher», beschreibt Botonakis die Situation in der Taxibranche nach den Lockerungen des Bundesrats. «Es herrscht Aufbruchstimmung in der Branche. Am vergangenen Wochenende gab es einen deutlichen Peak.» Der erhoffte Run blieb zwar aus. Die Freude und die Erleichterung der Taxifahrer war dennoch entsprechend gross.

So konnten die Nachtfahrer ihren Umsatz um 100 Franken erhöhen. Am Tag bleiben die Probleme aber bestehen: «Es fehlt an allen Ecken und Enden. Der Tourismus, die Geschäftskunden, die finanzstarken Passagiere.» Wegen der Digitalisierung sind in den Zürcher Strassen auch nach den Lockerungen nur wenig Geschäftskunden anzutreffen. George Botonakis sieht die Branche deshalb nach wie vor mit fehlender Nachfrage konfrontiert.

Umsätze wieder auf ertragbarem Niveau

«Viele Fahrer wurden gezwungen, vom Mercedes auf den Toyota zu wechseln.» Damit konnten sie ihre Fahrten zwar preiswerter anbieten, gaben laut George Botonakis aber auch ein wichtiges Verkaufsargument auf. Mittlerweile sind die Umsätze wieder auf einem erträglichen Niveau angelangt. So verdienen die Nachtfahrer an der Zürcher Langstrasse gut 200 Franken pro Nacht. Im Vergleich: Vor der Corona-Krise waren es noch gut 400 bis 500 Franken.

«Ein Grossteil der Taxifahrer fährt auf dem Abstellgleis und hofft, dass sie am Ende nicht gegen den Rammbock fahren.» So hätten wenige unter ihnen eine Alternative und müssten das defizitäre Geschäft in Kauf nehmen. «Viele haben Angst, die Pensionierung nicht zu erreichen und auf dem Sozialamt zu landen. Wegen des hohen Durchschnittsalters ist ein Branchenwechsel ein Ding der Unmöglichkeit», so Botonakis weiter. Von den gut 1000 Taxifahrern und Taxifahrerinnen in Zürich hat nur eine Frau in der Corona-Krise den Wechsel in einen anderen Arbeitsmarkt geschafft.

Keine Maskenpflicht mehr im Taxi

Eine Erleichterung gibt es für die verbliebenen Taxifahrer. Da Taxis nicht zum öffentlichen Verkehr zählen, gilt im Taxi seit dem 17. Februar keine Maskenpflicht mehr. Gleiches gilt für Uber. «Wir haben aber dennoch eine Empfehlung rausgegeben. Unsere Taxifahrer sollen sich, wenn es geht, mit einer Maske schützen.» Dennoch tragen von 100 Kunden nur zehn eine Maske. Ähnlich viele Taxifahrer und Taxifahrerinnen greifen auf eine Maske zurück.

«Es bleibt ein zweischneidiges Schwert.» George Botonakis prognostiziert schwierige Monate für die Taxibranche. Klar gehe es aufwärts. Nun fallen aber auch noch einige Subventionen weg. «Wir sitzen immer noch im Rettungsboot und hoffen, dass uns die Luft bis zum Land nicht ausgeht.» Nun gilt es von Event zu Event zu leben. Mit dem Sächsilüüte und der Street Parade sei in den kommenden Monaten Besserung in Sicht.

veröffentlicht: 23. Februar 2022 06:14
aktualisiert: 23. Februar 2022 08:28
Quelle: ZüriToday

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