Mutmasslicher Femizid in Zürich-Altstetten: Mann steht vor Bezirksgericht Zürich | ZüriToday
Bezirksgericht Zürich

Mutmasslicher Frauenmörder will sich vor Zürcher Gericht nicht erinnern

25.10.2023, 19:24 Uhr
· Online seit 25.10.2023, 05:44 Uhr
Vor dem Bezirksgericht Zürich muss sich heute Mittwoch ein 48-jähriger Mann verantworten, der seine 30-jährige Ehefrau «regelrecht beseitigt» haben soll. Er will sich an nichts erinnern. Die Staatsanwältin verlangt lebenslänglich.

Quelle: TeleZüri

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Aufgrund von Zeugenaussagen, Spuren und weiteren Indizien sei «rechtsgenügend erstellt», dass der 48-Jährige die Tat verübt habe, und zwar nicht aus einer unmittelbaren Situation heraus, sagte die Staatsanwältin. Er habe die Tat zwar nicht wochenlang geplant, habe aber im Voraus den Tötungsentschluss gefasst.

Es gebe keinen Zweifel, dass es sich um Mord handle, sagte sie. Der Beschuldigte sei besonders skrupellos vorgegangen und die Tatausführung sei von besonderer Grausamkeit gewesen. Er habe sich durch das Verhalten seiner Ehefrau in seiner Ehre verletzt gefühlt. Sie hatte sich einem anderen Mann zugewandt und die Scheidung eingereicht.

Die Anklägerin forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Nach seiner Haftentlassung sei der Mann für 15 Jahre des Landes zu verweisen. Die Sperre solle für den gesamten Schengenraum gelten. Ein Härtefall liege nicht vor.

Verteidiger plädiert auf Totschlag

Der Verteidiger hat einen Freispruch vom Anklagepunkt Mord gefordert. Er plädierte auf Totschlag. Das Urteil wird nicht mehr heute Mittwoch eröffnet.

Angemessen sei in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren, sagte der Anwalt. Sollte das Gericht die Tat als vorsätzliche Tötung einstufen, so sei sein Mandant mit maximal 10 Jahren zu bestrafen, bei einer Verurteilung wegen Mordes mit maximal 15 Jahren. Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten. Werde sie dennoch angeordnet, dann maximal für 10 Jahre.

Mit Sicherheit kein Messer dabeigehabt

Der 48-jährige Beschuldigte hat über weite Strecken Erinnerungslücken oder Ausflüchte geltend gemacht. In seiner Befragung schilderte sich der Türke als «friedfertig». Er habe nie die Hand gegen seine Frau erhoben, die ihn aber ihrerseits beschimpft und auch angegriffen habe. Anderslautende Aussagen von Nachbarn und Freunden seien falsch.

Was am Tatabend passierte, daran könne er sich nicht erinnern, sagte er. Er habe mit Sicherheit kein Messer dabeigehabt. In seiner eigenen Wahrnehmung ist stets er selbst der Unverstandene. Das psychiatrische Gutachten wies er als falsch zurück.

Der Experte attestierte ihm narzisstisch-akzentuierte Persönlichkeitsmerkmale, eine Störung konnte er aber nicht feststellen. Der Beschuldigte sei voll schuldfähig gewesen.

Ehe seit längerem zerrüttet

Der 48-Jährige soll seine Ehefrau gemäss Anklage im Oktober 2021 in Zürich-Altstetten mit zahlreichen Messerstichen getötet haben. Dies vor allem, weil sie sich nicht an seine Wertvorstellungen gehalten habe.

Die Ehe des türkischen Paars sei seit längerem zerrüttet gewesen. Der Mann war wegen gewalttätigen Verhaltens bereits zuvor im Gefängnis. Keine drei Wochen vor der mutmasslichen Tat war er nach einer einjährigen Freiheitsstrafe entlassen worden.

Sogar aus dem offenen Strafvollzug heraus soll er die Frau mit Anrufen und Nachrichten belästigt und bedroht haben. Sie war eine Beziehung zu einem anderen Mann eingegangen und hatte die Scheidung eingereicht. Das Bezirksgericht Zürich auferlegte dem Beschuldigten vorsorglich ein Rayonverbot für die Wohnung.

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«Untreue Frauen bestrafen»

Zwei Wochen nach seiner Entlassung schob der Beschuldigte gemäss Anklage einen Rollladen der Wohnung hoch, um durchs Fenster einzusteigen. Als er in der Wohnung den neuen Freund der Frau gesehen habe, habe er diesem die Faust ins Gesicht geschlagen und die Frau mit dem Tod bedroht.

Am gleichen Tag erstattete er bei der Polizei eine Ehrverletzungsklage gegen die Frau. Zudem wollte er wissen, weshalb in der Schweiz «untreue Ehefrauen nicht bestraft würden». Wenige Tage später, am Vormittag des 13. Oktober 2021, befragte ihn die Polizei als Beschuldigten wegen Körperverletzung und Drohung.

Beim Hauseingang abgepasst

Am Abend des gleichen Tages wartete er laut Anklageschrift beim Hauseingang, bis die Frau von einem Besuch bei den beiden gemeinsamen Kindern zurückkam. Diese lebten in einem Heim.

Als sie sich dem Haus näherte, soll der Beschuldigte unvermittelt mit einem Messer auf sie los gegangen sein und mehrmals zugestochen haben. Anschliessend habe er sich selber in den Bauch gestochen und sei zur Polizei gefahren. Die Reanimationsversuche der Sanitäter für das Opfer blieben erfolglos. Die 30-Jährige starb noch vor Ort.

(sda/oeb/hap)

veröffentlicht: 25. Oktober 2023 05:44
aktualisiert: 25. Oktober 2023 19:24
Quelle: ZüriToday

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