Street Parade

Handicapiertem wird Drogenkonsum vorgeworfen: «Mein Umfeld ist geschockt»

24.08.2022, 09:15 Uhr
· Online seit 24.08.2022, 07:16 Uhr
Seit der Street Parade kursiert ein Video auf TikTok, das Marcel an der Streetparade tanzend zeigt. In unzähligen negativen Kommentaren unter dem Video wird ihm Drogenkonsum vorgeworfen. Marcel will nun die Gesellschaft aufrütteln.
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Marcel ist 29 Jahre alt und hat wie so manch anderer junger Mensch an der diesjährigen Street Parade um das Seebecken getanzt. Doch nach der Street Parade ist Marcel plötzlich zu einer TikTok-Berühmtheit geworden – was ihm ganz und gar nicht gefällt. Denn ihm wird Drogenkonsum vorgeworfen, obwohl der Aargauer nichts mit Drogen am Hut hat. Marcel hat seit der 1. Klasse Sprech- und Bewegungsprobleme und will nun die Menschen sensibilisieren.

«Leute kommentieren unüberlegt»

«Die Leute sollen nicht direkt Vorurteile haben und zweimal hinschauen, bevor sie irgendetwas schreiben», lautet Marcels Botschaft an die Gesellschaft. «Wenn man genau hinsieht und ein bisschen überlegt, merkt man genau, dass das nichts mit Drogen zu tun hat», so der 29-Jährige gegenüber ZüriToday.

An der Streetparade wurde Marcel gefilmt und das Video landete auf TikTok. Das Video zeigt ihn auf einem Love Mobile tanzend. «Was ich nicht verstehe, sind die unüberlegten Kommentare. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Reaktionen gibt, wenn es jemand hochlädt.» Das Video hat mittlerweile fast sechs Millionen Views und bald 5000 Kommentare. Die meisten Reaktionen sind alles andere als nett und freundlich. Viele schreiben, er sei auf Drogen, viele kommentieren negativ oder wütend.

Er habe am Event selber gesehen, dass er einige Male gefilmt wurde. Das Filmen und Hochladen an sich stört Marcel überhaupt nicht. «Als DJ werde ich oft gefilmt», sagt Marcel.

«Im Alltag sehe ich die Blicke kaum noch»

«Ich stehe über diesen Kommentaren, aber mein Umfeld ist sehr geschockt über dieses Video», erzählt Marcel weiter. Er sei auf Social Media aktiv und mache auch auf TikTok darauf aufmerksam, dass man sich nicht verstecken soll. «Ich bin mittlerweile genug stark, um solche Kommentare abprallen zu lassen. Ich möchte mir nicht vorstellen, was dies mit einem Menschen machen würde, der nicht so stark ist und setze mich immer mehr gegen Mobbing ein», so Marcel.

Auch im Alltag wird Marcel immer wieder doof angeschaut, manchmal ausgelacht oder es wird über ihn gesprochen. «Die Menschen denken, ich merke es nicht», sagt Marcel. Er könne aber gut damit umgehen und sehe die Blicke zum Teil gar nicht mehr.

«Die Ärzte haben nichts herausgefunden»

Was Marcels Handicap genau ist, weiss er selbst und auch die Ärzte nicht. «Ich habe viele Untersuchungen gemacht, hatte Operationen und Therapien, aber nichts hat geholfen. Die Ärzte finden nichts», so Marcel. Das Handicap zeigt sich bei Marcel bei Problemen in der Bewegung und beim Sprechen.

«Sonst bin ich wie jeder andere», erzählt Marcel, der eine Ausbildung als Fachmann für Kinderbetreuung gemacht hat, als DJ und Hauswart arbeitet und Papa von zwei Mädchen (sieben und drei Jahre alt) ist. Der 29-Jährige will sich weiter gegen Mobbing einsetzen und möchte, dass sich niemand fühlt, als müsste er oder sie sich verstecken.

veröffentlicht: 24. August 2022 07:16
aktualisiert: 24. August 2022 09:15
Quelle: ZüriToday

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