Kreischverbot und schwimmende Bäder

So wurde Zürich zur Badi-Stadt

· Online seit 31.07.2022, 06:46 Uhr
«Häsch gwüsst?» Zürich soll gemessen an der Einwohnerzahl die weltweit höchste «Badi-Dichte» haben. Schwimmen und Baden gehört zu Zürich wie die blauen Trams und die Bahnhofstrasse. Die Badekultur hat in Zürich nämlich eine lange Tradition.
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Die Geschichte der Badekultur in Zürich beginnt vor über 2000 Jahren – als Zürich noch «Turicum» hiess. Die Römer bauten beim heutigen Weinplatz das erste Zürcher Bad. Dazumal  war es das grösste Gebäude der römischen Siedlung und das Zentrum des sozialen Lebens.

Sprung- & Kreischverbot

Bade-Bauten aus dem Mittelalter sucht man in Zürich vergebens. Was nicht bedeutet, dass die Zürcherinnen und Zürcher nicht weiterhin ihren Spass im Wasser hatten. Etwas zu viel Spass, wenn es nach der damaligen Regierung ging: 1525 verbot die Zürcher Stadtregierung das Springen von Wasserrädern und obendrauf das wohl übliche Gekreische.

Daraus lässt sich die Badekultur des 16. Jahrhunderts schliessen: Zürcher und Zürcherinnen badeten im See, kletterten auf Brücken und sprangen ins Wasser. Dazu gehörte ein ordentliches Geschrei als auch «Brüelen».

Badi statt Badezimmer 

Im 19. Jahrhundert waren private Badezimmer eine Seltenheit – nur rund 40 Prozent der Wohnung in der ganzen Stadt hatten ein eigenes Badezimmer. Die Lösung: öffentliche Badeanstalten – diese waren billiger, als alle Häuser mit fliessendem Wasser auszustatten. So entstand 1837 die erste geschlossene Badeanstalt unmittelbar an der Mauer des Bauschänzli.

Das «Badehaus für Frauenzimmer» war – wie es der Name verrät – ausschliesslich für das weibliche Geschlecht. Ein Meilenstein für die Emanzipation für die Frauen der Limmatstadt, denn bis 1837 war es den Zürcherinnen untersagt, in Gewässern zu schwimmen. Zwei Jahre später folgte das männliche Pendant bei der Bauschanze.

Schwimmende Bäder

In den 1840er-Jahren begann der Boom der Kastenbäder – oder auch der «Schwimmenden Bäder». Eines davon: Die Männerbadi (oder auch «Bürkli-Badi»). Diese konnte mit Booten verschoben werden. Zunächst schwamm die Anlage vor dem «Baur au Lac», doch dann trieb sie immer weiter nach aussen. Später wurde die Männerbadi wieder zum Bürkliplatz verschoben. 1964 versank die Badi aufgrund eines Föhnsturmes zur Hälfte im Zürichsee.

Adieu Geschlechtertrennung

Das 1922 eröffnete und erste Strandbad, die Badi Mythenquai, zog in Sachen Geschlechtertrennung einen Schlussstrich. Zwar gab es noch eine Trennwand zwischen dem Frauen- und Männerbereich – doch kaum jemand hielt sich daran.

Übrigens: Die Badi Mythequai feierte am 17. Juni 2022 das 100-jährige Jubiläum. Für einen Tag kostete der Badi-Eintritt gleich viel wie vor 100 Jahren – nämlich schlappe 80 Rappen.

Quelle: Beitrag vom 17. Juni 2022 / ZüriToday / Lea Hilff

Das 20. Jahrhundert brachte zudem eine weitere Wendung in der Zürcher Badekultur: «bräunen» statt «baden». Mit dem Einzug der Körperkultur hielten sich Badegäste vermehrt in der Sonne und nicht mehr vorwiegend im Wasser auf. Der Besuch in einer Badi war nicht mehr ein Hygiene-ritual, sondern viel mehr eine Freizeitbeschäftigung. So wurde auch die Regel aufgehoben, den Badeaufenthalt auf eine Stunde zu begrenzen. 

Hallenbad-Pionier

Zürich hatte als erste Stadt der Schweiz ein Hallenbad. Es wurde 1899 im Kreis 8 eröffnet. Wenige Jahre später machte es allerdings Konkurs.

In den folgten Quartier-Freibäder mit grossen Liegewiesen – wie zum Beispiel das Letzibad. Dieses wurde nach den Plänen vom Schriftsteller und Architekt Max Frisch erbaut.

Nach mehr als 2000 Jahren Bade-Geschichte hat die Stadt Zürich heute sechs Becken-Freibäder, sechs Seebäder, fünf Flussbäder, ein Thermalbad und sieben Hallenbäder. Züri und Gewässer, das ist doch wahrlich... «True Love»:

veröffentlicht: 31. Juli 2022 06:46
aktualisiert: 31. Juli 2022 06:46
Quelle: ZüriToday

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