Zürich

Mieter-Misere in Bülach: Bewohner müssen 11 Tage lang aufs Container-WC gehen

Bauarbeiten

Mieter-Misere im Winter: Bülacher müssen 11 Tage lang aufs Container-WC gehen

14.02.2024, 10:52 Uhr
· Online seit 14.02.2024, 10:45 Uhr
Sechs Wochen lang werden die Bäder einer Liegenschaft in Bülach saniert. Erfahren haben die Mieterinnen und Mieter davon erst fünf Tage zuvor. «Eine Frechheit» sei das. Walter Angst vom Mieterverband Zürich kritisiert das Vorgehen der Eigentümerschaft.
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«Meine Kleider und Schuhe liegen schon neben dem Bett bereit, damit ich mich in der Nacht schnell anziehen kann», sagt der 8-jährige Sohn von Elisabeth Säger. Die Bülacherin und ihre Kinder müssen elf Tage lang in einem Container vor ihrem Haus aufs WC gehen und duschen – und das mitten im Winter. Denn in der Wohnung gibts zurzeit kein fliessendes Wasser.

Mietende erfahren 5 Tage vorher von Bad-Sanierung

Während sechs Wochen werden die Bäder von Mieterinnen und Mieter einer Liegenschaft in Bülach saniert. Erfahren hatte die Mieterschaft von den Bauarbeiten gerade einmal fünf Tage vorher. «Alle bei uns im Block sind wütend und völlig überrumpelt», sagt Mieterin Elisabeth Säger gegenüber «Watson». Die Bülacherin will für sich und ihre Nachbarn einstehen und lässt sich nicht unterkriegen.

Familie Säger entschied sich, zu einer Freundin duschen und baden zu gehen, weil der WC-Container nicht regelmässig gereinigt werde und für die Pflege der Kinder zu eng sei.

Vorher plantschen die Kinder in der Badewanne, nach den Sanierungen wird dieser Spass nicht mehr Realität sein. Denn statt einer neuen Badewanne werde nur eine Dusche eingebaut. «Für meine Kids und mich ist das ein heftiger Schlag. Die Kids lieben es, zu baden», sagt Säger.  Die Wohnung hätte sie ohne Badewanne eventuell gar nicht gemietet.

«Eine Frechheit, wie mit Mieterinnen und Mietern umgegangen wird» 

Auch für die meisten anderen Mieterinnen und Mieter sind die Bauarbeiten ein Problem. Wer im Schichtbetrieb arbeite, könne sich aufgrund des Lärms nicht mehr erholen und ein Mieter sei jetzt ständig am Putzen, weil es so viel Baustaub gebe. Für den Rentner eine körperliche Herausforderung. Andere kriegten sogar allergische Reaktionen. «Es ist eine Frechheit, wie mit den Mieterinnen und Mietern umgegangen wird», so der Senior.

Laut Walter Angst vom Mieterverband Zürich müsste eine Verwaltung eine Sanierung von dieser Grösse zwei Monate im Voraus ankündigen. Fünf Tage vor Baubeginn hindere Mieterinnen und Mieter, Alternativen zu finden. Angst ergänzt: «Es gibt leider immer noch zu viele Bauherren, die keine Rücksicht auf die Mietenden nehmen.»

Eigentümerschaft will sich nicht äussern

Kommt es zu einer Mietzinserhöhung nach der Sanierung? Derzeit ist das noch unklar. Für Elisabeth Stäger steht aber fest: Kostet die Wohnung nur schon 100 Franken mehr, muss sie ausziehen. Doch einfach werde die Wohnungssuche nicht: «Hier in Bülach wird die Wohnungssuche immer schwerer. Ich weiss, dass diese Zwei-Zimmer-Wohnung eigentlich zu klein ist für die Kinder und mich – aber etwas Besseres habe ich schlicht nicht gefunden.»

«Watson» hat iREM Schweiz AG, die Verwaltung, mit den Vorwürfen konfrontiert. Einzige Antwort: «Seitens Eigentümerschaft gibt es keine Kommentare.»

Eine positive Sache kann Elisabeth Säger dann noch hervorheben: Die Sanierung sei spannend zu beobachten. «Meine Tochter hat sogar ein paar Tage lang gesagt, dass sie Bauarbeiterin werden wolle.»

(gin)

veröffentlicht: 14. Februar 2024 10:45
aktualisiert: 14. Februar 2024 10:52
Quelle: ZüriToday

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