Am Wochenende fand im Kanton Zürich der «Tag der offenen Weinkeller» statt. Etwa siebzig Winzerbetriebe haben zur Degustation und zum Austausch eingeladen. Es gab Nachholbedarf wegen der Pandemie, soziale Kontakte wurden geknüpft und die Weinbauer wurden nach dem schlechten Weinjahr 2021 unterstützt.
Hoffnung auf besseres Weinjahr 2022
Urs Zweifel, Önologe des Zürcher Familienunternehmens Zweifel 1898, schaut positiv auf die Weinernte von diesem Jahr: «Genau können wir noch nicht einschätzen, wie die Ernte dieses Jahr wird. Es hat ein bisschen in der Champagne gefrostet, aber wir hatten noch keinen Frost. Bis jetzt sieht es positiv aus.»
Robert Irsslinger, Winzer des Weinguts Irsslinger am oberen Zürichsee, glaubt der Prognose der Wetterschmöcker: «Die Muotathaler Wetterschmöcker sagen, es wird ein schöner Sommer. Ich bin zuversichtlich und glaube das. Wir brauchen ein gutes Jahr.»
Ernteausfall von 75 Prozent
Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) teilte Mitte März mit, dass es schweizweit im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren einen Weinernteausfall von 36 Prozent im Jahr 2021 gab. Winzer Irsslinger musste auf seinem Weingut gar einen Ausfall von etwa 75 Prozent verbuchen.
«Der Hauptteil war wettertechnisch», sagt Irsslinger. «Am Anfang habe ich den Frost als nicht so schlimm erachtet. Im Laufe des Jahres hat es immer mehr Schäden gegeben. Durch den Mehltaupilz im verregneten Sommer entstand der weitere Ausfall.» Die vorangegangenen Jahre 2020 und 2019 seien auch keine grossen Jahre gewesen. «Jetzt brauchen wir ein gutes Jahr – unsere Keller sind leer», so Irsslinger.
Das Unternehmen Zweifel 1898 musste ebenfalls einen Ernteausfall verbuchen. Laut Unternehmensführer lag dieser bei 40 Prozent. «Hagel, Sturm, schlechtes Verblühen und Pilzbefall haben zum Ernteausfall geführt», sagt Zweifel.
Steigende Preise beeinflussen das Weinbusiness
Nun gelte es, nach vorne zu schauen. «Wir hoffen auf eine gute Ernte 2022», so Zweifel. Die Preise würden aber hochgehen – nicht nur wegen der schlechten Ernte im letzten Jahr. «Es ist vor allem wegen den Ressourcen. Zurzeit steigen die Preise überall und auch wir sind davon betroffen.»
Am Zürichsee sieht es ähnlich aus. Irsslinger erklärt: «Ich bin vor allem durch den Zukauf von Flaschen, Etiketten und Karton betroffen. Die Preise steigen nicht nur – sie explodieren. Es ist ein sehr risikoreiches Spiel. Zum Glück haben wir die Ware bereits im Oktober zum alten Preis gekauft.» Bis anhin hätte der Winzer alles just-in-time bestellt. Dies sei nun vorbei.
Weinbestand wird wieder aufgefüllt
Auf den Tag der offenen Weinkeller am vergangenen Wochenende blickt Zweifel positiv zurück. «Wir sind sehr zufrieden, der Anlass war gut besucht. Es ging nicht nur ums Degustieren und Bestellen, auch der Austausch mit den Produzenten wurde von den Kundinnen und Kunden sehr geschätzt. Die Teilnehmenden können so auch neue Produkte kennenlernen.»
Im kleinen Rahmen hat Zweifel bereits im letzten Sommer einen Degustationsanlass durchgeführt. «Da hatten die Leute aber noch Respekt vor der Pandemie. Nun hatten wir wieder einen grossen, gut besuchten Anlass. Den Teilnehmenden hat es gefallen, sie haben auch auf der Terrasse die Sonne genossen», erzählt Urs Zweifel abschliessend.
Auch Irsslinger habe die Stimmung am «Tag der offenen Weinkeller» als sehr ausgelassen empfunden. "Wir haben gespürt, dass die Leute wieder Freude an sozialen Kontakten haben. Es war definitiv ein Nachholbedarf da.» Es sei der erste hofeigene Anlass seit Corona gewesen.