Mordprozess

«Krasser Egoismus» – Staatsanwalt fordert kleine Verwahrung für Femizid in Dietikon

23.03.2022, 18:47 Uhr
· Online seit 23.03.2022, 12:29 Uhr
Die Staatsanwaltschaft hat im Mordprozess vor dem Bezirksgericht Dietikon am Mittwoch eine Freiheitsstrafe von über 14 Jahren, Landesverweis sowie die sogenannte kleine Verwahrung gefordert. Der Beschuldigte soll seine getrennt von ihm lebende Ehefrau im August 2019 aus niedrigem Beweggrund getötet haben und dabei äusserst grausam vorgegangen sein.
Anzeige

Der Beschuldigte habe seine Frau erst bewusstlos geschlagen und dann mehrmals auf sie eingestochen, sagte der Staatsanwalt. «Die Gewalt war massiv und kräftig.» Durch das Verschliessen der Tür zum Badezimmer, in dem das Opfer lag, habe ihm der Beschuldigte auch noch die letzte Chance auf Rettung genommen.

Während der Untersuchung habe der Beschuldigte verschiedene Versionen der Tat kolportiert und Aussagen geändert, sagte der Staatsanwalt. «Je weiter die Untersuchung fortgeschritten war, desto weniger wusste er.» Er sei im Vorverfahren zwar technisch geständig gewesen, habe die Tötung also eingestanden. «Mehr auch nicht.» In der Untersuchung habe er vor allem sich selbst bedauert, nicht sein Opfer.

Geringschätzung menschlichen Lebens und «krasser Egoismus»

Der Beschuldigte habe seine Frau beseitigen wollen, weil sie sich von ihm abgewandt habe und ihm nicht mehr habe gehorchen wollen, so der Staatsanwalt. Er habe sie aus nichtigem Anlass getötet und dabei eine Geringschätzung menschlichen Lebens sowie «krassen Egoismus» gezeigt.

Der Staatsanwalt forderte für die Tötung sowie weitere Vergehen unter anderem eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren und einem Monat. Statt ins Gefängnis soll der Beschuldigte allerdings eine stationäre Massnahme nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches erhalten, auch kleine Verwahrung genannt. Dazu soll ein Landesverweis von 15 Jahren ausgesprochen werden.

Tür aufgedrückt und mit Faust geschlagen

Laut Anklageschrift drückte der 40-jährige Beschuldigte im August 2019 die Wohnungstür seiner Frau auf und schlug mit seiner rechten Faust mehrere Male gegen deren Kopf. Diese wurde durch die «äusserst heftigen Schläge» ins Badezimmer geschleudert und blieb dort bewusstlos liegen.

Der nordmazedonische Staatsangehörige packte daraufhin ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 12,5 Zentimetern und stach mehrmals, mindestens fünf Mal, zu. Die Frau starb gemäss Anklage nach einigen Minuten an den Folgen dieser Gewalteinwirkung.

Flucht unter Kokaineinfluss

Zudem wird ihm in der Anklageschrift ein grausames und skrupelloses Vorgehen vorgeworfen, da er eine ohnmächtige und damit wehrlose Frau tötete und dies erst noch vor den Augen eines gemeinsamen Kindes im Vorschulalter. Dieses nahm er auch auf seine anschliessende Flucht im Auto mit, bei der er unter Kokaineinfluss und mit Geschwindigkeiten von bis zu 190 km/h unterwegs war.

Der Mann, der den Behörden bekannt war und unter anderem mit einem zeitlich befristeten, aber im August 2019 nicht mehr geltenden Kontakt- und Rayonverbot zu seiner Frau belegt war, wurde knapp sechs Stunden nach der Tat verhaftet. Er sitzt seither in Haft.

Tat «fast eine Hinrichtung»

Die Tat sei «fast eine Hinrichtung» gewesen, sagte der Richter am Mittwoch. Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe von maximal zehn Jahren, die zugunsten einer kleinen Verwahrung aufgeschoben werden soll. Auf einen Landesverweis sei zu verzichten. Die Vertreter der Privatkläger forderten Genugtuung von insgesamt mehreren Hunderttausend Franken.

Unter der Privatklägerschaft befinden sich auch die gemeinsamen Kinder. Diese hätten schwerwiegende psychische Störungen davongetragen. Bereits vor dem Vorfall habe der Beschuldigte damit gedroht, seine Frau umzubringen und sei gewalttätig geworden. Die Familie habe in einem Klima der Angst gelebt, so einer der Vertreter der Privatkläger. Die Kinder hätten mittlerweile den Namen des Vaters abgelegt und lebten in einer Pflegefamilie.

(osc)

veröffentlicht: 23. März 2022 12:29
aktualisiert: 23. März 2022 18:47
Quelle: sda

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch