Riesenplus

Kanton Zürich schliesst 2022 um mehr als eine Milliarde besser ab

17.03.2023, 16:13 Uhr
· Online seit 17.03.2023, 15:33 Uhr
Der Kanton Zürich schliesst das Jahr 2022 um mehr als eine Milliarde Franken besser ab als erwartet: Er weist in der Jahresrechnung ein Plus von 543 Millionen Franken aus, das bereinigte Budget sah noch ein Minus in fast gleicher Höhe vor.
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«Wir lagen daneben», räumte Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) am Freitag bei der Präsentation der Jahresrechnung 2022 ein. «Die Abweichung von 1,1 Milliarden ist schon sehr gross.»

Bereits in früheren Jahren schloss der Kanton Zürich jeweils besser ab als es die Budgets voraussagten. Gegen den Vorwurf, ein «Schwarzmaler» zu sein, wehrte sich der 67-Jährige aber: «Es kam einfach viel besser als erwartet.»

Die Wirtschaft brummt

So seien die Unsicherheiten bei der Erstellung des Budgets 2022 mitten in der Corona-Pandemie noch gross gewesen. Es sei aber kein allzu pessimistisches Szenario gewählt worden, die Regierung habe allfällige Corona-Effekte nur zurückhaltend eingerechnet, hielt Stocker fest. Doch auch diese Effekte seien nicht eingetroffen.

Am meisten unterschätzt wurden die Steuereinnahmen. Gleich 964 Millionen Franken mehr als erwartet gingen beim Kanton ein. «Der Arbeitsmarkt brummt, die Löhne steigen, die Arbeitslosigkeit ist rekordtief», begründete Stocker diese Entwicklung. Damit habe man nicht rechnen können.

Nicht planbare Mehreinnahmen ergaben sich auch durch die zusätzliche Ausschüttungstranche der Nationalbank (plus 124 Millionen Franken) und die höhere Gewinnausschüttung der Zürcher Kantonalbank (plus 50 Millionen Franken), wie Stocker weiter ausführte.

Die Teuerung als Risiko

Trotz des achten positiven Jahresabschlusses in Folge warnte Stocker, der sich schon wieder in der Budgetierungsphase für 2024 befindet, am Freitagnachmittag: «Es sieht nicht mehr so rosig aus.»

So würden die insgesamt 700 Millionen Franken der Nationalbank fehlen, die nach ihren Verlusten vorerst keine Ausschüttungen mehr an die Kantone leistet. Als weiteres Risiko nannte Stocker die wohl hartnäckige Teuerung, die auch den Staatshaushalt herausfordere.

Auswirkungen auf den Finanzplan hat dies vorerst nicht. Die bereits früher angekündigte Senkung des Steuerfusses um zwei Prozentpunkte für natürliche Personen bleibt unverändert im Finanzplan. Über die Höhe des Steuerfusses wird aber der Kantonsrat im Rahmen seiner Budgetdebatte Ende Jahr befinden.

Die Jahresrechnung 2022 weist bei einem Gesamtaufwand von 18,1 Milliarden Franken unter dem Strich ein Plus von 543 Millionen Franken aus.

Die Reaktionen der kantonalen Parteien

Für die FDP beweist dieser massive Unterschied zwischen Budget und Rechnung, dass eine «deutliche Steuerreduktion für Unternehmen und natürliche Personen problemlos umsetzbar» wäre, wie sie mitteilte.

Auch die SVP fordert angesichts des achten positiven Jahresabschlusses in Folge eine Senkung der Steuerbelastung für Private und Firmen. Dies würde zu einer «ehrlichen Entlastung» für all jene führen, die unter der Teuerung und der schwächelnden Konjunkturaussicht im EU-Raum litten.

Für die SP kommen hingegen «Steuersenkungen für Konzerne und Superreiche» nicht in Frage. Damit würde der finanzielle Spielraum gleich wieder verspielt, der nun besser für den Schutz der Kaufkraft der Bevölkerung genutzt werden sollte. Die SP fordert etwa einen sofortigen Ausbau der Prämienverbilligungen.

Auch für die Grünen sind «Steuergeschenke» fehl am Platz. Es gelte andere wichtige Aufgaben endlich anzupacken. «Die vorhandenen finanziellen Ressourcen sind zum Schutz von Klima und Biodiversität einzusetzen», fordern die Grünen unter anderem.

GLP will Geld in Energie- und Sozialpolitik investieren

Auch die Grünliberalen sehen andere Prioritäten: Der Ertragsüberschuss soll insbesondere «in eine nachhaltige Energieversorgung» und «in die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf» investiert werden, halten sie in ihrer Mitteilung fest.

Das Plus in der Rechnung sei ohnehin nur auf die Ausschüttungen der Nationalbank zurückzuführen, schreibt wiederum die AL. Da diese nun ausfielen, müsse der Kanton vor allfälligen Steuerreduktionen erst lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Dabei müsse er seine sozialpolitische Verantwortung wahrnehmen - die AL wünscht sich etwa eine Beteiligung des Kantons an der ausserschulischen Betreuung.

Vorsichtig äussert sich die Mitte, die auf die anhaltende Inflation und die geopolitische Lage verweist: Trotz momentan finanziell stabiler Fluglage gelte es wachsam zu bleiben, um «den finanziellen Spielraum zur Bewältigung der humanitären Krise in Zeiten von Unsicherheit zu erhalten».

(sda/lol)

veröffentlicht: 17. März 2023 15:33
aktualisiert: 17. März 2023 16:13
Quelle: ZüriToday

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