Kriegsverbrechen-Prozess

Russischer Soldat bittet Witwe um Vergebung für die Ermordung ihres Mannes

· Online seit 19.05.2022, 16:56 Uhr
Vadim Schischimarin steht in Kiew vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, in den Anfangstagen des Ukraine-Krieges einen unbewaffneten, ukrainischen Zivilisten getötet zu haben. Der 21-jährige ist geständig – und bittet die Witwe des Opfers um Vergebung.
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In Kiew hat der erste Prozess wegen mutmasslicher russischer Kriegsverbrechen gegen die Ukraine stattgefunden. Dem 21-jährigen Panzerkommandanten Vadim Schischimarin wird vorgeworfen, einen 62-jährigen, unbewaffneten Ukrainer getötet zu haben.

Schischimarin, der dem Prozess in einer Glaszelle beiwohnte, habe sich zu der ihm vorgeworfenen Tat schuldig bekannt, schreibt der «Guardian». Ausserdem habe der russische Soldat die Witwe des Opfers um Vergebung gebeten.

Wenige Tage nach Kriegsbeginn getötet

Der Mann von Kateryna Schalipowa, Oleksandr, war am 28. Februar, wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, im Dorf Tschupachiwka erschossen worden. «Ich erkenne meine Schuld an ... Ich bitte Sie, mir zu vergeben», wird Shishimarin zitiert.

Während des Prozesses am Donnerstag wurden auch Details des Tathergangs bekannt. Die Witwe sagte vor Gericht, sie habe Schüsse aus der Ferne gehört und nach ihrem Mann gerufen, bevor er getötet wurde.

«Ich rannte zu meinem Mann, er war bereits tot. Mit einem Kopfschuss. Ich schrie, ich schrie so sehr», sagte sie. Schalipowa gab zu Protokoll, ihr Mann sei unbewaffnet und in Zivil gekleidet gewesen. Das Paar habe einen 27-jährigen Sohn und zwei Enkelkinder, fügte sie hinzu.

Russland streitet Kriegsverbrechen ab

Auf die Frage, ob er verpflichtet gewesen sei, einen Befehl zu befolgen, der einem Kriegsverbrechen gleichkam, antwortete Schischimarin mit «Nein». «Ich habe einen kurzen Feuerstoss abgegeben, drei oder vier Kugeln», sagte er vor Gericht. Ihm droht bei einer Verurteilung lebenslange Haft.

Die Ukraine wirft Russland Gräueltaten und Brutalität gegenüber der Zivilbevölkerung im Zuge der Invasion vor. Das Land hat nach eigenen Angaben mehr als 10'000 mögliche Kriegsverbrechen ermittelt. Russland hat bestritten, Zivilisten angegriffen zu haben oder in Kriegsverbrechen verwickelt zu sein.

Der Kreml erklärte, er habe keine Informationen über den Prozess und könne aufgrund des Fehlens einer diplomatischen Vertretung in der Ukraine keine Rechtshilfe leisten.

(osc)

veröffentlicht: 19. Mai 2022 16:56
aktualisiert: 19. Mai 2022 16:56
Quelle: Today-Zentralredaktion

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