Kerosin für russische Bomber

Französischer Ölkonzern wegen Mithilfe zu Kriegsverbrechen angeklagt

14.10.2022, 10:29 Uhr
· Online seit 14.10.2022, 10:18 Uhr
Nichtregierungsorganisationen haben den französischen Energieriesen Total Energies wegen «Komplizenschaft bei Kriegsverbrechen» angeklagt. Das Unternehmen habe russische Flugzeuge mit Treibstoff versorgt, die zur Bombardierung der Ukraine eingesetzt wurden.
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Die in Frankreich ansässige Darwin Climax Coalition und die ukrainische Gruppe Razom We Stand übergaben die Klage am Donnerstag dem nationalen Anti-Terror-Staatsanwalt, wie «France 24» berichtet.

Die beiden NGOs beschuldigen Total Energies, Gas für Kerosin gefördert zu haben, das von russischen Flugzeugen bei ihren Bombardierungen in der Ukraine verwendet wurde. Insbesondere gehe es um den Angriff auf ein Theater in der Stadt Mariupol am 16. März 2022. Dort seien etwa 600 Zivilisten getötet worden.

Total Energies habe dazu beigetragen, die russische Regierung mit den zur Begehung von Kriegsverbrechen erforderlichen Mitteln auszustatten, so die NGOs. Das beschuldigte Unternehmen habe die Vorwürfe zurückgewiesen. In einer Erklärung würden diese als «empörend und diffamierend» bezeichnet.

Quelle: CH Media Video Unit / Katja Jeggli

Düsentreibstoff aus Gasfeld?

Hintergrund der Vorwürfe: Total Energies habe bis vor kurzem einen Anteil von 49 Prozent an Terneftegaz besessen, einem Unternehmen, das Gas aus dem Termokarstowoje-Feld im Norden Russlands fördere. Die anderen 51 Prozent hätten sich im Besitz des russischen Unternehmens Novatek befunden, an dem das französische Unternehmen ebenfalls direkt beteiligt gewesen sei.

Laut einer Untersuchung von Global Witness ist Gaskondensat aus dem Termokarstowoje-Feld als Düsentreibstoff an Stützpunkte der russischen Luftwaffe in der Nähe der Ukraine geliefert worden.

Total Energies habe den Anteil am Gasfeld mittlerweile verkauft. Das Unternehmen gab ausserdem zu verlauten, die von Terneftegaz produzierten Kondensate seien ins Ausland exportiert worden. Daher habe die russische Luftwaffe sie gar nicht als Treibstoff für ihre Flugzeuge verwendet können.

NGOs fordern Rechenschaft von Konzernen

Anwälte der beiden NGOs erklärten gegenüber der Nachrichtenagentur «AFP», es sei an der Zeit, dass multinationale Unternehmen für ihr Verhalten im Ukraine-Krieg zur Rechenschaft gezogen werden.

«Die Justiz darf angesichts der indirekten, aber entscheidenden Unterstützung der Konzerne für die Kriegsanstrengungen, und der beträchtlichen Gewinne, die sie auch nach dem Überfall auf die Ukraine erzielten, nicht blind sein», heisst es in der Erklärung.

«Frankreich kann nicht im gleichen Atemzug die Invasion verurteilen und gegenüber solchen Verhaltensweisen untätig bleiben», werden die Anwälte William Bourdon, Vincent Brengarth und Henri Thulliez zitiert.

(osc)

veröffentlicht: 14. Oktober 2022 10:18
aktualisiert: 14. Oktober 2022 10:29
Quelle: Today-Zentralredaktion

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