Wegen Heliskiing

Zoff wegen Schmähpreis – «Swiss Helicopter» erstaunt über «Teufelsstein»

· Online seit 04.10.2022, 19:26 Uhr
Das Helikopter-Unternehmen «Swiss Helicopter» wird vom Verein Alpen-Initiative wegen Heliskiing getadelt. Bei den Geschmähten sorgt die Kritik für Erstaunen – man habe vorher das Gespräch gesucht, sagen sie. Alpen-Initiative sieht das anders.
Anzeige

Der Verein Alpen-Initiative, der sich für den Umweltschutz in den Schweizer Bergen stark macht, verleiht jährlich den «Teufelsstein». Unter mehreren nominierten Unternehmen wird in einer Abstimmung jeweils der «Unsinnstransport» des Jahres gewählt – eine unrühmliche Geste, die zum Ausdruck bringen soll, dass die Firma mit ihrem Handeln der Umwelt schadet.

Der diesjährige Preis ging am Dienstag an «Swiss Helicopter», wie die Preisverleiher in einer Mitteilung schrieben. Mit über einem Drittel der insgesamt 6857 Stimmen wurde das Unternehmen zum Kilmasünder gekürt. Hauptsächlich wird das Angebot für Heliskiing angeprangert.

«Nur zum Spass mit Rotorengeknatter in die Alpen zu fliegen und die Natur aufzuscheuchen, ist absurd und widerspricht jeglichem Umweltbewusstsein. Mit Sportsgeist hat das nichts zu tun», schreibt Alpen-Initiative auf seiner Website.

Wenn eine Vierergruppe einen Heliskiing-Flug von rund 150 Kilometern macht, wird laut der Mitteilung 32,3 Kilogramm CO2 pro Person verbraucht.  Zum Vergleich: mit dem Zug könnte eine Person dieselbe Strecke 13 Mal hin- und zurückfahren, bis derselbe CO2-Wert ausgestossen wäre. Ein weiteres Problem beim Heliskiing sei zudem die starke Lärmbelastung, die besonders Wildtieren schade.

Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative, räumt zwar ein, dass man Transport- und Rettungsflüge in abgelegene Alpregionen braucht. Das «Swiss Helicopter»-Angebot für Heliskiing bezeichnet der Verein aber als fahrlässiger Umgang mit dem Alpenraum. Pult findet offensichtlich, dass «niemand dafür sein kann, dass wir die wertvolle Fauna und Flora unserer schönen Alpen reinem Effizienz- und Gewinnstreben opfern.»

Sachliche Diskussion «nicht möglich»

«Swiss Helicopter» habe den Preis zur Kenntnis genommen, so Rolf Heuberger, CEO des Unternehmens. Er ist allerdings erstaunt darüber: Man habe im Vorfeld das Gespräch gesucht, um eine differenzierte sachliche Diskussion zu führen. Diese sei leider nicht möglich gewesen.

Auf Anfrage entgegnet Pult, dass solche Gespräche im Vorfeld der Nominierung nicht geführt würden. Für das Heliskiing hat er kein Verständnis. Die Argumente vonseiten Heuberger betitelt der Alpen-Initiative-Präsident als «Ausrede».

«Es muss eine Lücke gefüllt werden»

In Bezug auf das kritisierte Angebot stellt Heuberger klar: «Die Heliski-Flüge finden nicht zum Selbstzweck statt.» Die touristischen Flüge seien ein Training für junge Piloten. Bei der Preisvergabe würden die Heliski-Flüge isoliert herausgezogen. Das sei schade.

Die Transportflüge, besonders im hochkomplexen Gebrigsumfeld, würden top qualifizierte, erfahrene Piloten erfordern. Der Grossteil der Kundschaft von «Swiss Helicopter» besteht nicht aus Touristen, sondern aus Energieunternehmen oder Spezialunternehmen, die beispielsweise Hangsicherungen, Lawinenverbauungen oder Stromleitungen machen.

«Ein Pilot, der frisch aus der Ausbildung kommt, ist nicht in der Lage, diese Arbeit auszuführen», so Heuberger. Es müsse eine Lücke zwischen dem Ausbildungsabschluss und der Fähigkeit, komplexe Montageflüge im Hochgebirge zu machen, gefüllt werden – typischerweise mit touristischen Flügen. Für die jungen Piloten sei dies unverzichtbar.

Durch Heliskiing Fachkräfte behalten

Gleichzeitig betont er die Saisonalität, die den Betrieb präge. Im Winterhalbjahr passiere auf Gebirgsbaustellen wenig, trotzdem müsse der Betrieb im Stand sein, die Mitarbeitenden in der Firma zu halten. Dies geschieht auch durch Heliski-Flüge. Heuberger sagt: «Ich kann hochqualifizierte Spezialisten nicht nur von Juli bis September anstellen.» Nur wenn Fachkräfte da sind, können auch im Winter Transporteinsätze geflogen werden – dann, wenn es dringend sei, wie beispielsweise bei Lawineneinsätzen oder Sprengungen.

Dennoch kann Heuberger die Vorwürfe nachvollziehen: «Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussion ist die Frage absolut berechtigt.» Er sieht die Helikopterindustrie in der Pflicht, die Emissionen zu reduzieren.

(pfl/mhe)

veröffentlicht: 4. Oktober 2022 19:26
aktualisiert: 4. Oktober 2022 19:26
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch