Sparmassnahmen

SBB-Gewerkschaft wettert gegen Versicherungsstreichung: «Das ist reine Symbolik»

· Online seit 21.10.2022, 05:42 Uhr
Die SBB kam wegen der Coronapandemie in finanzielle Schieflage. Die Bahn muss sparen. Eine der Massnahmen: die zusätzliche Berufsunfähigkeitsversicherung der Mitarbeitenden streichen. Beim Personal und den Gewerkschaften kommt dies gar nicht gut an.
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Während der Coronapandemie blieb vieles stehen – nicht aber die Züge der SBB. Die Kompositionen blieben aber meist mehrheitlich leer. Dementsprechend sind auch die Kassen der SBB nicht voll. Aus diesem Grund muss das Unternehmen sparen.

Unter anderem setzen die SBB den Hebel beim Personal an. Sie will ihren Angestellten die zusätzliche Berufsunfähigkeitsversicherung streichen. Diese würde greifen, wenn eine Angestellte oder ein Angestellter aus gesundheitlichen Gründen die gegenwärtige Arbeit nicht mehr ausführen kann und eine volle IV-Rente nicht möglich ist. In diesem Fall würden 60 Prozent des versicherten Lohns bis zur Pensionierung ausbezahlt.

Hinzu kommt die AHV-Überbrückungsrente. Diese Versicherung wurde extra für sogenannte «Monopolberufe» wie beispielsweise Lokführer eingeführt, die eine gute Gesundheit erfordern und gleichzeitig körperlich anstrengend sind.

Gewerkschaft bezeichnet Sparmassnahme als «reine Symbolik»

Für die Gewerkschaft SEV ist die Streichung – vor allem ohne Rücksprache mit dem Personal – ein absolutes No-Go. «Indem die SBB diese Versicherung abschaffen, gefährden sie die Menschen, welche kaum eine Aussicht haben, wieder einen Job zu finden», erklärt René Zürcher, Gewerkschaftssekretär des SEV, gegenüber FM1Today. Diese Personen würden zuerst in die Arbeitslosigkeit und dann aufs Sozialamt getrieben.

Zürcher kann zudem den Nutzen nicht nachvollziehen: «Das Sparpotenzial durch diese Massnahme ist gering. Das ist reine Symbolik.» Denn die Hürden, bis diese Versicherung greift, sind hoch. So muss die Person die zweijährige berufliche Wiedereingliederung bei den SBB durchlaufen. Ist keine Beschäftigung möglich, wird die Berufsunfähigkeit ab dem 50. Lebensjahr und nach 10 Beitragsjahren in der Pensionskasse möglich.

Die SEV hat daher auch klare Forderungen an die SBB. «Wir fordern, dass diese Massnahme komplett aus dem Sparpaket gestrichen wird», sagt Zürcher deutlich. Denn es könne nicht sein, dass die Einsparungen auf dem Rücken der Schwächsten vorgenommen werden.

SBB erachtet Modell als «nicht mehr zeitgemäss»

Anders sehen es die SBB. Man lege bei sämtlichen Berufen den Fokus auf die Reintegration in das Arbeitsleben. Deshalb sei eine Berufsinvaliditätsversicherung mit den aktuellen Bestimmungen heute nicht mehr zeitgemäss, teilen die SBB schriftlich gegenüber FM1Today mit. Der Bund und viele bundesnahe Betriebe hätten die Berufsinvalidenrente bereits vor vielen Jahren komplett abgeschafft. Deshalb überprüfe die Bahn hier aktuell die berechtigten Anspruchsgruppen beziehungsweise deren Ansprüche für zusätzliche Leistungen bei der Berufsinvalidenrente. Wie hoch das Sparpotenzial effektiv wäre, haben die SBB auf Anfrage nicht beantwortet.

Weiter betonen die SBB, dass die personalrelevanten Sparmassnahmen zur Zeit sisitiert seien. Das habe man den Sozialpartnern auch bereits Ende August mitgeteilt. Grund dafür ist die vom Parlament angenommene Motion für weitere finanzielle Unterstützung aufgrund der Corona-Verluste. Von der Sistierung ausgenommen ist aber eben die Aufhebung der zusätzlichen Leistungen bei der Berufsinvalidität.

Das letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen. Ende Jahr werden sich die SBB und die Gewerkschaften zu Gesprächen treffen. Ob die Versicherung dann definitiv gestrichen wird, wird sich zeigen. «Wir werden für unser Anliegen einstehen», gibt sich Zürcher kämpferisch.

veröffentlicht: 21. Oktober 2022 05:42
aktualisiert: 21. Oktober 2022 05:42
Quelle: FM1Today

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