Nach CS-Übernahme

«Retter des Vaterlandes?» – so reagiert die Schweiz auf Ermottis UBS-Comeback

29.03.2023, 13:56 Uhr
· Online seit 29.03.2023, 11:19 Uhr
Der alte CEO ist der neue CEO: Nach den Turbulenzen rund um die Übernahme der gestrauchelten Credit Suisse holt die UBS ihren langjährigen CEO Sergio Ermotti zurück an Bord. Der Tessiner soll bereits ab kommender Woche das Ruder wieder in die Hand nehmen. Das sind die Reaktionen auf das Comeback.

Quelle: CH Media Video Unit / Katja Jeggli

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Sergio Ermotti ist in der Schweizer Wirtschaftswelt kein Unbekannter. Der 62-Jährige war bereits von April 2011 bis Februar 2020 CEO der UBS. Er steuerte die Bank durch die unsichere Zeit nach der globalen Finanzkrise. Nachdem der Tessiner die UBS verlassen hatte, wechselte er in den Verwaltungsrat des Rückversicherers Swiss Re. 2021 wurde er dessen Präsident.

Die ersten Reaktionen auf die Ernennung nehmen deshalb auch Bezug auf seine Leistungen als UBS-CEO. «Wochenzeitung»-Journalist Yves Wegelin weist auf Twitter darauf hin, dass mit Ermotti ausgerechnet jener Mann wieder das Ruder übernehme, der 2017 wegen «Überregulierung» mit dem Wegzug der Bank aus der Schweiz gedroht habe. Auch andere Twitter-User äussern sich kritisch.

Anerkennung aus der Medienlandschaft

Aus den Schweizer Medien gibt es dagegen Lob für die Ernennung. «Sergio Ermottis Rückkehr zur UBS ist ein kluger und nötiger Entscheid», schreibt die «Handeszeitung». Man könne sich eigentlich nur fragen, warum nicht von Beginn weg, im Zuge der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, so entschieden worden war. «Die UBS holt sich für die Übernahme der Credit Suisse mit Sergio Ermotti einen Veteranen zurück, der die Skepsis gegenüber der ‹Monsterbank› zerstreuen soll.», schreibt das Finanzportal «Cash». Das Tessiner Regionalblatt «Il Regione» fragt gar: Ist Ermotti der «Retter des Vaterlandes?»

Der «Tages-Anzeiger» betont bei aller Anerkennung die schwierige Aufgabe, vor denen Ermotti jetzt steht: «Der Wechsel an der Spitze zeigt, wie gross die Herausforderungen beim Bau der neuen Superbank sind: Das Übernahmeobjekt Credit Suisse kämpft gegen einen drastischen Vertrauensverlust.» Die UBS riskiere, dass ihr Ruf in Mitleidenschaft gezogen werde. Sergio Ermotti an die Spitze der neuen Megabank zu setzen, mache für die UBS-Führung Sinn. Der Tessiner könne besser in Bern vermitteln als sein Vorgänger, der Niederländer Ralph Hamers.

Finanzmedien auf der ganzen Welt berichten über den Entscheid der UBS. «Sergio Ermotti kennt UBS und Credit Suisse in- und auswendig», sagt etwa Francine Lacqua von «Bloomberg». Er sei in der Branche als einer fähigsten und zielstrebigsten Banker seiner Generation bekannt. «Ermottis Strategie bei der UBS war einfach und effektiv: Er führte die Bank weg von riskanten Handelsgeschäften und hin zur Vermögensverwaltung.» Der neue CEO dürfte die Axt jetzt schnell und hart schwingen. Die Frage lautet: Was behält die UBS?

Bürgerliche loben den Entscheid

Seitens der politischen Parteien stösst Ermottis Rückkehr zur UBS auf gemischtes Echo. Bürgerliche lobten den Entscheid. Linksgrüne verlangten eine Verantwortungskultur auf dem Finanzplatz.

Die SVP zeigte sich am Mittwochmorgen erfreut über die Rückkehr Ermottis in schwierigen Zeiten. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hielt sie fest: «Offensichtlich zeigt die Motion der SVP bereits Wirkung, wonach die Mehrheit der Führung systemrelevanter Unternehmen das Schweizer Bürgerrecht haben muss.» Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel kommentierte auf Twitter kurz mit «smart».

Köppels Nationalrats-Parteikollege Thomas Matter gab der Hoffnung Ausdruck, dass Ermotti sich für eine Eigenständigkeit des schweizerischen Teils der Credit Suisse starkmachen werde. «Weil er Schweizer ist, wird er zum Schluss kommen, dass die Schweiz zwei grosse Banken braucht», sagte Matter im Interview mit der CH-Media-Radioredaktion.

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) schrieb ebenfalls auf Twitter, der Entscheid sei gut und richtig. Die Ernennung des Bankers sei «wichtiger als alle politischen Vorstösse».

SP und Grüne: Kein Kommentar zur Personalie

Die SP kommentierte den Personalentscheid nicht. Für sie stehen griffige Regelungen im Vordergrund, damit «die Kultur der Verantwortungslosigkeit im Bankensektor» ein Ende findet. Das Prinzip «Gewinne privat, die Kosten dem Staat» müsse gestoppt und das «Finanz-Casino» geschlossen werden. Banken sollten Gesellschaft und Wirtschaft dienen, nicht sie gefährden.

Der Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey (Grüne) sagte Keystone-SDA, es dürfe nicht davon abhängen, welche Personalentscheide ein Privatunternehmen treffe. Letztlich brauche es eine Verantwortungskultur. Zu deren Umsetzung müssten Regeln sicherstellen, dass das höchste Management zu seiner Verantwortung steht.

«Kenner und Vollstrecker»

Die Börse reagiert auf Ermottis Comeback vorsichtig positiv. Die UBS-Aktien legten bis 10.45 Uhr in einem freundlichen Gesamtmarkt rund 3 Prozent auf 18.20 Franken zu. Die Titel hatten bereits am Vortag im Zuge einer allgemeinen Beruhigung im globalen Bankensektor 1,7 Prozent zugelegt.

Weniger Freude haben die Aktionäre der Swiss Re. Ermotti hat das Amt als Präsident des Verwaltungsrates beim Rückversicherer schon abgegeben. Die Papiere von Swiss Re büssten im frühen Handel 0,5 Prozent auf 91,82 Franken ein.

Die Rückkehr Ermottis zur UBS wird auch in Analystenkreisen positiv kommentiert: «Wir begrüssen die Ernennung von Sergio Ermotti und glauben, dass er die richtige Person für die herausfordernde Aufgabe ist», heisst es etwa beim Vermögensverwalter Vontobel. Ermotti habe die Bank bereits nach der globalen Finanzkrise erfolgreich transformiert.

Gemäss der Zürcher Kantonalbank setzt die UBS mit diesem Führungswechsel ein klares Zeichen dafür, dass der Fokus auf der erfolgreichen Integration der Credit Suisse liege. Mit Ermotti hole man einen «ausgewiesenen Kenner der Bank und einen effektiven Vollstrecker» an Bord. Die ZKB-Analysten sind insgesamt der Meinung, dass sich die Risiken für die UBS mit der Übernahme der CS zwar erhöhen, durch die potenziellen Vorteile der Fusion aber mehr als ausgeglichen werden.

«Das hilft in den Beziehungen mit Bern»

«Aus allen Wolken gefallen» ist heute Morgen der Wirtschaftsjournalist und Finanzplatz-Kommentator Lukas Hässig. Sergio Ermotti sei zwar ein grosser Name in der Branche, aber eigentlich habe er seine operative Karriere beendet, sagte Hässig im Interview mit TeleZüri.

«Es brodelt in der Politik und viele hauen auf den Putz – obwohl sie zum Credit-Suisse-Drama monatelang geschwiegen hatten», so Hässig weiter. «Jetzt hat die UBS einen Schweizer auf dem Chefposten. Das hilft in den Beziehungen mit Bern sicher.» Klar sei der Leistungsausweis des neuen, alten Chefs: Ermotti habe die UBS stabiler gemacht. Der ganz grosse Schritt sei ihm mit der Bank aber auch nicht gelungen.

(osc mit Material der sda)

veröffentlicht: 29. März 2023 11:19
aktualisiert: 29. März 2023 13:56
Quelle: Today-Zentralredaktion

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