Der Aufschrei am Dienstag war gross, als das Aargauer Gesundheitsdepartement die Öffentlichkeit über die Schliessung einer Zahnarztpraxis in Birr informierte. Der Grund: Gravierende Hygienemängel. Der Kanton rät den Patientinnen und Patienten, die innerhalb der letzten 15 Monate in Behandlung waren, sich auf HIV und Hepatitis testen zu lassen. Auf Anfrage gibt das Gesundheitsdepartement bekannt, dass ungefähr 130 Patientinnen und Patienten diesbezüglich angeschrieben wurden. Das Risiko einer Ansteckung beurteilt das Gesundheitsdepartement zwar als gering, aber eine unentdeckte Infektion birgt das Risiko weiterer Ansteckungen. Deshalb sei es sinnvoll, diese durch einen Test auszuschliessen.
Was ist mit den restlichen Patienten?
Mehrere Leserinnen und Leser meldeten sich nun bei ArgoviaToday. Sie alle sagen, dass sie vom Gesundheitsdepartement nicht angeschrieben wurden. Die Gründe dafür erklärt Sprecher Michel Hassler: «Wir haben basierend auf den Angaben des Zahnarztes die Patientinnen und Patienten der letzten 15 Monaten angeschrieben.» Weil die Mängel erst seit Mitte Februar 2022 existieren, habe der Kanton darauf verzichtet, weitere Personen anzuschreiben. Dies, weil gemäss heutigem Kenntnisstand vor dieser Zeit von einer funktionierenden Hygienekette ausgegangen wird.
Übernahme der Testkosten
Michel Hassler ergänzt: «Wer in den letzten 15 Monaten in der Praxis in Behandlung war und keinen Brief erhalten hat, soll sich beim Kantonszahnärztlichen Dienst melden.» Ob ein Test auf HIV oder Hepatitis für diese Personen nötig ist, könne dann direkt mit dem Kantonszahnarzt geklärt werden. Die entstandenen Kosten für die Tests werden übernommen.
Klar ist aber: Ein HIV-Test liefert erst sechs Wochen nach einer Risikosituation ein zuverlässiges Resultat. Laut der Aids-Hilfe Schweiz dauert es so lange, bis das Immunsystem Antikörper gegen HIV ausgebildet hat. Ähnliches gilt beim Hepatitis-Test. Auch dort ist ein zuverlässiges Resultat mit einem Test auf Antikörper laut Hepatitis Schweiz erst nach sechs bis neun Wochen möglich. Bei Verdacht auf eine kurz zurückliegende Infektion sei jedoch ein PCR-Test angezeigt.
Zahnarzt entschuldigt sich
Gegenüber Tele M1 hat sich der Birrer Zahnarzt mittlerweile bei all seinen Patientinnen und Patienten entschuldigt. Vor der Kamera wollte er keine Stellung zu der Schliessung seiner Praxis nehmen. Er sagte nur, er habe über 30 Jahre lang erfolgreich praktiziert und könne nicht verstehen, dass man seine Praxis nun schliesst. Gegenüber dem «Blick» bestätigte er allerdings gesundheitliche und Personal-Probleme. Er sei seit einem Jahr an einem Burnout nur knapp vorbeigeschrammt.