Vor Übernahme

Letzte CS-Generalversammlung verpasst? Das sind die Highlights

11.04.2023, 10:07 Uhr
· Online seit 04.04.2023, 17:35 Uhr
Im Zürcher Hallenstadion ist die letzte ordentliche Aktionärsversammlung der Credit Suisse über die Bühne gegangen. Die Stimmung schwankte zwischen Niedergeschlagenheit und Zorn. Die Aktionärinnen und Aktionäre verpassten dem Management einen Denkzettel.

Quelle: Beitrag vom 4. April 2023 zur letzten CS-Generalversammlung / CH Media Video Unit

Anzeige

Protest schon vor dem Hallenstadion

Schon vor dem Start der GV um 10.30 Uhr hatten Klimaaktivisten und -aktivistinnen vor dem Hallenstadion protestiert. Die Polizei war vor Ort, griff aber nicht ein. Die Klimaschützer stellten die Credit Suisse als Titanic dar und warnten davor, dass auch die Menschheit untergehen werde.

Die Protestierenden forderten unter anderem eine Entschädigung für Mosambik von der CS. Bei der Kreditvergabe britischer Tochtergesellschaften der Bank an Staatsbetriebe des südostafrikanischen Staates hat die Bank zahlreiche Vorschriften verletzt.

Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi

Generalversammlung mit Polizeischutz

Vor dem Hallenstadion war ein halbes Dutzend VW-Busse der Polizei zu sehen. Die Polizisten zeigten sich allerdings nicht. Sie warteten in ihren Fahrzeugen. Neben den Polizisten waren auch Securitas-Angestellte in grösserer Zahl als bei einer GV üblich präsent.

Beim Eingang standen Absperrgitter wie bei einem Hockeymatch. Besucher mussten durch Metallscanner gehen und sich in ihre Taschen schauen lassen – wie am Flughafen. Vor dem Stadion stand auf grossen Hinweistafeln, dass grössere Taschen und Rucksäcke sowie gefährliche Gegenstände im Hallenstadion nicht erlaubt seien.

Quelle: CH Media Video Unit / Silja Hänggi

Auftakt der GV: Präsident Axel Lehmann bittet um Entschuldigung

Axel Lehmann, der Verwaltungsrat der CS, eröffnete die Generalversammlung mit einer Entschuldigung für das Scheitern der Grossbank. «Dass wir den über Jahre hinweg angestauten Vertrauensverlust nicht mehr aufhalten konnten, dass wir Sie alle enttäuscht haben, dafür bitte ich um Entschuldigung», sagte Lehmann den Aktionärinnen und Aktionären.

Er sei sich bewusst, dass es ein trauriger Tag sei. «Ich kann die Verbitterung, die Wut, den Schock von allen ermessen, die von der Entwicklung enttäuscht sind, die sich überrumpelt fühlen, die betroffen sind», so Lehmann.

Trotz aller Bemühungen sei man gescheitert: «Die Bank war nicht mehr zu retten.» Und die einzige Alternative zur Fusion wäre die bankenrechtliche Sanierung gewesen. «Verbunden mit dem schlimmsten Fall – nämlich dem Totalverlust für die Aktionäre, unabsehbaren Risiken für die Kunden, schweren Folgen für die Volkswirtschaft und die globalen Finanzmärkte.»

Jetzt müsse der Blick nach vorne gerichtet werden, sagte Lehmann weiter. «Am Niedergang der Credit Suisse, den Umständen und diversen Einflussfaktoren lässt sich nichts mehr ändern.» Er werde sich zusammen mit der UBS-Leitung bis zuletzt dafür einsetzen, dass für die Mitarbeitenden «bestmögliche Lösungen» gefunden würden.

CEO Körner: Zusammenschluss mit UBS war der einzig gangbare Weg

Die von Bundesrat und Politik verfügte Übernahme der Credit Suisse durch die UBS war für CS-Konzernchef Ulrich Körner zum Schluss der «einzig gangbare Weg». Er werde nun als CEO alles daran setzen, dass der Zusammenschluss abgeschlossen werde, sagte Körner an der GV.

Er teile die Enttäuschung der Aktionärinnen und Aktionäre. «Nach 167 Jahren gibt die Credit Suisse ihre Eigenständigkeit auf.» Immerhin habe die Ankündigung des Zusammenschlusses sofort Stabilität geschaffen, Vertrauen hergestellt und erlaube nun einen geordneten Übergang, sagte der CEO.

Zahlreiche Aktionäre melden sich zu Wort

Die Aktionäre der Credit Suisse nutzen die Möglichkeit, ein letztes Mal Dampf abzulassen. Ein Vertreter der Aktionärsvereinigung Ethos forderte die Feststellung der Verantwortlichkeiten für die massive Schieflage der Bank. Dass es dazu komme, dass nun die letzte Generalversammlung der CS stattfinde, habe er sich nicht vorstellen können, sagte Ethos-Vertreter Vincent Kaufmann in seinem Votum.

«Wir haben alle einen irreversiblen finanziellen Schaden erlitten», sagte Kaufmann als Vertreter mehrerer Pensionskassen wie auch von Privataktionärinnen und Privataktionären. Es sei deshalb «essentiell», dass die Verantwortlichkeiten für dieses beispiellose Debakel klar identifiziert würden.

Klagen der Grossbank gegen ehemalige Verantwortungsträger – also Manager oder Verwaltungsräte – habe die CS keine eingereicht, sagte VR-Präsident Lehmann. Aufgeschobene Boni, die also in der Zukunft noch ausbezahlt werden sollten, würden derzeit überprüft, versicherte er.

Redner machen ihrem Ärger mit Nüssen und Fünflibern Luft

Andere Aktionäre der CS waren bei ihrer Kritik kreativ. Sie schenkten dem Verwaltungsratspräsidenten Lehmann Fünfliber oder einen Sack Nüsse. «Ich habe die Nüsse aufgemacht, gegessen und die Schale wieder zusammengeklebt. Es sind also hohle Nüsse. Der Herr, der jetzt nicht da ist, ich weiss nicht, ob er die Hosen voll hat, für ihn habe ich die grösste hohle Nuss», sagte ein Kleinaktionär. Gemeint sein dürfte der oft harsch kritisierte frühere Präsident Urs Rohner. Ein anderer Aktionär sagte: «Ich kam ohne Pistole heute. Die Eingangskontrolle empfand ich schon als etwas provozierend.» Dies zeigte, wie aufgeladen die Stimmung unter den über 1700 Aktionären im Hallenstadion war.

Vor 25 Jahren sei eine CS-Aktie noch 80 Franken wert gewesen, stellte ein weiterer Aktionär fest. Dafür habe man sich noch ein Chateaubriand leisten können. «Heute reicht es nicht einmal mehr für ein Gipfeli.» Im Mittelalter hätte man die Verantwortlichen wohl dafür noch ans Kreuz geschlagen. Deshalb schenke er Verwaltungsratspräsident Lehmann einen Fünfliber mit dem Kreuz. Das Kreuz erinnere an Jesus Christus, der mit seinem Leiden und Sterben am Kreuz die Sünden der Menschen auf sich genommen habe.

Verwaltungsratspräsident Lehmann zeigte immer wieder Verständnis für die Emotionen: «Ich verstehe ihre Wut und Enttäuschung sehr gut. Ihr grosser Verlust mit den CS-Aktien tut mir leid.» Und: «Ich bin froh, dass die grösste Nuss nicht für mich ist.»

Zwischenrufe und Pfiffe

Beruhigen konnte Lehmann die Schärfe in den Wortmeldungen nicht: Ein Kleinaktionär forderte Gefängnis und Berufsverbot für die Verantwortlichen. Ein anderer rief in den Saal: «Die Aktionäre sind beraubt und bestohlen worden. Wir dürfen das Erbe von Alfred Escher nicht einfach so beerdigen.» Und er fragte die Verantwortlichen, wie viel sie für die Aktionäre spenden würden, die viel Geld verloren hätten. Auch Pfiffe waren zu hören.

CS-Präsident Lehmann sagte dazu jeweils: Der Bundesrat habe aus politischer Sicht entschieden, die Finma aus aufsichtsrechtlicher Sicht und die Schweizerische Nationalbank (SNB) aus Sicht der Finanzmarktstabilität. Diese Entscheidungen könne er nicht kommentieren. Eins stellte Lehmann klar: Die Liquiditätshilfen durch die SNB werde die CS vollständig zurückzahlen.

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

Antrag auf Sonderprüfung abgelehnt – Mehrheit enthält sich

Ein Antrag eines Aktionärs auf eine Sonderprüfung in Zusammenhang mit der Übernahme durch die UBS wurde abgelehnt. 46,8 Prozent der Anwesenden stimmten mit Nein, die Ja-Stimmen beliefen sich lediglich auf 3,6 Prozent. Die Mehrheit der Aktionäre enthielten sich der Stimmen: 50,3 Prozent der Aktionäre legten leer ein.

Der Aktionär hatte in einer Wortmeldung zahlreiche Fragen zu den verschiedenen Beschlüssen in Zusammenhang mit der Übernahme der CS durch die UBS gestellt. Er wollte insbesondere wissen, wer auf wen zuerst zugekommen sei, und wie sich die Abflüsse von Kundengeldern genau am 1. Dezember und in den letzten Tagen vor der Fusionsankündigung mit der UBS entwickelt hätten.

Auch wollte der Aktionär Antworten darauf, wie der Kaufpreis genau zustande gekommen sei. Die UBS zahlt den CS-Aktionären eine UBS-Aktie für 22,48 CS-Aktien, was zum Zeitpunkt der Fusionsvereinbarung einem Kaufpreis von 3 Milliarden Franken entsprach.

Jahresrechnung und Bonusbericht nur knapp genehmigt, Lehmann und Konsorten wiedergewählt

Der Traktandenliste mit den Anträgen des Verwaltungsrats folgten die Aktionäre nur ganz knapp.  Die stark defizitäre Jahresrechnung 2022 sowie der Lagebericht wurden immerhin von 61,4 Prozent genehmigt. Sehr knapp wurde es beim Vergütungsbericht für das vergangene Jahr – gerade mal 50,06 Prozent der vertretenen Aktionärsstimmen drückten bei der elektronischen Abstimmung auf den Ja-Knopf. Allerdings handelte es sich dabei lediglich um eine konsultative Abstimmung.

CS-Präsident Axel Lehmann und die weiteren sechs für eine Wiederwahl kandidierenden Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte wurden trotz allem wiedergewählt. Allerdings lagen die Ja-Stimmen für die einzelnen Mitglieder nur gerade zwischen 50 und knapp 56 Prozent. Fünf der zwölf Verwaltungsratsmitglieder stellten sich nicht mehr zur Wiederwahl.

Konzernleitungsvergütung für verbleibende Wochen abgelehnt

Der Fixlohn für die Konzernleitung in den kommenden Wochen bis zur Übernahme der CS durch die UBS wurde schliesslich abgelehnt. Lediglich 48,43 Prozent der Anwesenden stimmten mit Ja, 48,21 Prozent stimmten Nein und 3,36 Prozent enthielten sich.

Für die Mitglieder der Konzernleitung hatte der Verwaltungsrat einen maximalen Betrag von 34 Millionen Franken für den Zeitraum von der Generalversammlung am Dienstag bis zur ordentlichen Generalversammlung 2024 beantragt. Bereits heute ist aber klar, dass diese im kommenden Jahr nicht mehr stattfinden wird.

VR-Präsident Lehmann hatte vor der Abstimmung betont, dass es dabei lediglich um die Vergütung in den nächsten Wochen gehe, bis die Bank von der UBS übernommen werde. Die letztendlich ausbezahlte Summe wäre also viel kleiner als die beantragten 34 Millionen Franken gewesen. Es nützte nichts. Jetzt müsse das Aufsichtsgremium die nächsten Schritte prüfen, sagte Lehmann nach der Niederlage.

Genehmigt wurde immerhin die Vergütung für den CS-Verwaltungsrat. Allerdings war auch diese Entscheidung sehr knapp. Lediglich 50,42 Prozent der Aktionärinnen und Aktionäre stimmten dem Antrag über einen Höchstbetrag von 13 Millionen Franken für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums für den Zeitraum bis zur Generalversammlung 2024 zu.

(osc mit Material der sda)

veröffentlicht: 4. April 2023 17:35
aktualisiert: 11. April 2023 10:07
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige
zueritoday@chmedia.ch