Europapolitik

«Klar beste Option»: SP Schweiz will EU-Beitritt in mehreren Etappen

30.10.2022, 16:24 Uhr
· Online seit 30.10.2022, 14:40 Uhr
Die SP Schweiz wünscht einen EU-Beitritt in Etappen. Der Parteitag stimmte am Sonntag in Basel mit 293 zu 84 Stimmen bei 20 Enthaltungen einem Positionspapier zu. Dieses hält den Fahrplan der SP in der Europapolitik fest.
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«Für die SP ist klar, dass ein gut ausgehandelter EU-Beitritt die beste Option bleibt», heisst es im Papier mit dem Titel «Aufbruch in ein soziales und demokratisches Europa». Ein vom Parteipräsidium eingesetzter Ausschuss hat es erarbeitet.

Das Papier schlägt als ersten Schritt eine Assoziierung vor. Diese soll in mehreren Etappen erfolgen. Als Erstes müsse die Schweiz nach dem Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Abkommen im Mai 2021 kurzfristige «vertrauensbildende Massnahmen» ergreifen. So schlägt die SP vor, dass sich die Schweiz in der europäischen Migrationspolitik solidarisch zeigt und deutlich mehr Flüchtlinge aufnimmt. Zudem solle sie höhere Kohäsionszahlungen entrichten.

Die Schweiz müsse zudem die wichtigsten Prinzipien der Europäischen Säule sozialer Rechte umsetzen. Dazu gehören unter anderem die Elternzeit, Durchsetzung der Lohngleichheit und Richtlinien zu den Mindestlöhnen. Zudem brauche es in Sachen Steuern Massnahmen – in Absprache mit der EU. Im Papier ist von einem Mindestsatz für die Besteuerung gewinnbringender Unternehmen Rede sowie von einer Besteuerung multinationaler Konzerne dort, wo sie Gewinne erzielen. Und nicht zuletzt soll sich die Schweiz zu einer Kooperation bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekennen.

SP wünscht überparteiliche Europa-Koalition

In einer folgenden Etappe könne die Schweiz ein «befristetes Stabilisierungsabkommen» mit der EU anstreben. Dieses soll eine Teilnahme an Forschungs- und Bildungsprogrammen wie Horizon Europe und Erasmus+ regeln. Ab 2023 seien Verhandlungen über ein Wirtschafts- und Kooperationsabkommen anzustreben.

Weiter schlägt das Papier ein Europagesetz vor. «Um in einer Volksabstimmung bestehen zu können, muss eine Klärung der institutionellen Fragen von der klassischen Europa-Koalition, also von allen Parteien ausser der SVP, getragen werden», heisst es weiter. So ein Gesetz könne eine Europakoalition wiederherstellen und dem Bundesrat den Auftrag für die Verhandlungen mit der EU geben. In einem nächsten Schritt sei der EU-Beitritt in Form eines Beitrittsgesuchs aufzugleisen. Eine konkrete Jahreszahl für dieses Ziel wird auf Wunsch entsprechender Änderungsanträge am Parteitag nicht genannt.

Parteiinterne Kontroverse bei der EU-Frage

Die Verabschiedung des Europapiers sorgte am Parteitag im Congress Center Basel für eine lange Diskussion. Unter anderem äusserten sich Vertreterinnen und Vertreter der Jungpartei kritisch. Mirjam Hostetmann (Juso) legte dem Parteitag vor der Schlussabstimmung nahe, das Papier abzulehnen. Ein EU-Beitritt mit Abstrichen sei nicht der einzige gangbare Weg. 

SP-Nationalrat und Vizepräsident Jon Pult hingegen empfahl das Papier zur Annahme und sagte, es gehe nicht darum, unter allen Umständen und bedingungslos beizutreten. «Wir negieren im Papier überhaupt nicht, dass es auch Nachteile und Herausforderungen gibt», sagte Pult. So etwa beim Service Public und der direkten Demokratie. Dennoch sei es wenig sinnvoll, hier «starre rote Linien» festzulegen. Die Anwesenden folgten nach mehrstündiger Erörterung des Papiers schliesslich dem SP-Präsidium.

veröffentlicht: 30. Oktober 2022 14:40
aktualisiert: 30. Oktober 2022 16:24
Quelle: sda

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