Ringer beantragte in der Verhandlung vor dem Kantonsgericht Zug vom Mittwoch die Abweisung der Klage auf Gewinnherausgabe. Das für Zivilsachen zuständige Gericht wird seinen Entscheid später schriftlich den Parteien mitteilen.
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Zum Verfahren kam es durch die Berichterstattung des «Blick» über die Zuger Landammannfeier von 2014. Spiess-Hegglin nahm am Anlass, an dem es zu einem Sexualkontakt kam, teil.
Widerrechtlich Persönlichkeit verletzt
Das Kantonsgericht Zug stellte 2022 fest, dass der «Blick» mit vier Artikeln 2014 und 2015 widerrechtlich die Persönlichkeit von Spiess-Hegglin verletzt hat und den mit diesen Artikeln erzielten Gewinn herausgeben muss. Dabei oblag es dem Medienopfer, seinen Anspruch auf Basis der von Ringier gelieferten Zahlen zu beziffern.
Die Anwältin von Spiess-Hegglin berechnete den Gewinn, der ihrer Mandantin zustehe, auf 431'527 Franken plus Zinsen in der Höhe von 5 Prozent. Die Spannbreite des Gewinns pro Artikel, die im «Blick», im «Blick am Abend» und im «Blick online» erschienen sind, erstreckt sich dabei von knapp 44'000 Franken bis über 151'000 Franken.
Die Anwältin erklärte vor dem Gericht, Ringier habe nicht die gewünschten transparenten Zahlen geliefert. Deswegen habe sie mithilfe von Experten den Gewinn herleiten müssen.
Gepushte «Top-Artikel»
Die persönlichkeitsverletzenden Online-Meldungen seien alle «Top-Artikel» gewesen, auf die mit Push-Nachrichten hingewiesen wurde, erklärte die Anwältin. In diesen sei überdurchschnittlich viel Werbung eingeblendet worden.
Weil viele Leserinnen und Leser, die wegen Spiess-Hegglin «Blick online» aufgerufen haben, noch andere Artikel lasen, machte die Anwältin auch den Gewinn aus dem «Folge-Traffic» geltend. Nach Abzug der direkten Kosten soll Ringier mit den Online publizierten vier Artikeln einen Gewinn von über 224'000 Franken erzielt haben.
Schwieriger war gemäss den Ausführungen der Anwältin die Berechnung des Gewinns aus den gedruckten Ausgaben. Hier betonte sie, dass es jeweils Titelgeschichten gewesen seien und der Erotikbezug stark ausgespielt worden sei.
Klage trifft falsche Firma
Der Anwalt von Ringier verlangte die Abweisung der Klage auf Gewinnherausgabe. Er führte dazu formelle und inhaltliche Gründe an.
Die heutige und beklagte Ringier AG sei wegen der seither vorgenommenen Umstrukturierungen des Konzerns 2014 nicht die «Blick»-Herausgeberin gewesen, erklärte der Anwalt. Zudem sei die Forderung bereits verjährt.
Die von der Klägerin vorgebrachten Gewinnberechnungen wies der Ringier-Vertreter als «realitätsfremd» zurück. Massgebend seien nicht «Schätzungen, Annahmen und Annäherungen», sondern die von Ringier gelieferten Geschäftszahlen.
Werbeeinnahmen zu hoch eingeschätzt
Nach Angaben des Ringier-Anwalts ist nicht jede Top-Story für jeden Werbekunden attraktiv. Zudem werde die Werbung verkauft, bevor die Story stehe, und der Preis für Online-Werbung sei tiefer als behauptet. Die Gegenseite gehe fälschlicherweise von einer «blühenden Medienlandschaft» aus.
Der Ringier-Anwalt hatte zu Beginn seines Plädoyers erklärt, es gehe trotz der «emotionalen Brisanz» in diesem Verfahren weder um eine Strafe noch um einen Schadenersatz oder eine Genugtuung.
Die Anwältin von Spiess-Hegglin hatte ihre Ausführungen damit begonnen, dass das Leben ihrer Mandantin vor zehn Jahren eine «dramatische Wendung» genommen habe. Sie wolle mit dem Verfahren für eine Gewinnherausgabe auch Klarheit für künftige Mediengeschädigte schaffen.
(sda)