Tausende Menschen auf Bundesplatz

Flavia Wasserfallen schneidet sich bei Iran-Protest die Haare ab

09.11.2022, 10:38 Uhr
· Online seit 05.11.2022, 14:34 Uhr
Am Samstag findet in Bern erneut eine Protest-Aktion gegen das iranische Regime statt. Über 3000 Menschen haben sich auf dem Bundesplatz versammelt. Verfolge die Demonstration im Video.

Quelle: TeleBärn

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Mehrere Tausend Menschen demonstrierten am Samstagnachmittag auf dem Bundesplatz und forderten den Bundesrat dazu auf, endlich «nennenswerte Massnahmen» gegen das Regime in Teheran zu ergreifen. Es war die bislang grösste Iran-Kundgebung seit Beginn der Unruhen. 

Zur Demonstration auf dem Bundesplatz aufgerufen hatte die Organisation Free Iran Switzerland. «Frau - Leben - Freiheit» skandierte die Menge.

Die Iranerinnen und Iraner nähmen die Solidarität der Schweizer Zivilgesellschaft wahr, heisst es in einem Communiqué. Doch der Bundesrat höre weg und habe bislang nicht einmal die Massnahmen der EU übernommen.

Haare ab als Zeichen der Solidarität

Eine Wende in der Schweizer Iran-Politik sei überfällig. Dazu gehörten die Übernahme aller Sanktionen von EU, Kanada und den USA und der Schutz iranischer Regimegegnerinnen und -gegner in der Schweiz vor der Ausschaffung. Die Schweiz hat sich am Mittwoch gegen die Übernahme der EU-Straffmassnahmen wegen der aktuellen Proteste ausgesprochen.

An der Kundgebung ergriffen auch Nationalratsmitglieder der Mitte, der SP und der Grünen das Wort. So auch die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen: Aus Protest gegen das brutale Vorgehen iranischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten hat sie sich die auf dem Bundesplatz die Haare abgeschnitten.

Quelle: CH Media Video Unit / Katja Jeggli

Für sie sei es «sonnenklar» und selbstverständlich, dass sie sich solidarisch zeige mit den Frauen und Menschen, die so mutig seien und für die Freiheit und die Demokratie kämpfen und ihr Leben dafür riskieren würden. Der Druck solle wachsen, damit der Bund endlich die EU-Sanktionen übernehme, so Flavia Wasserfallen.

Sie rief den Bundesrat auch dazu auf, Menschenrechtsorganisationen im Iran finanziell zu unterstützen und sich für eine Uno-Mission einzusetzen, welche die Verbrechen des islamischen Regimes untersuche.

Menschenrechte als erste Priorität

Auch der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder und Nathalie Imboden, die Nationalrätin der Grünen, sprechen vor dem Bundeshaus zu den Demonstrantinnen und Demonstranten. «Eine Schweiz, die die Menschenrechte schützen will, kann sich nicht verstecken hinter innenpolitischen Prioritäten», sagt Nathalie Imboden. Die wirtschaftlichen Interessen dürften nicht Priorität haben, die Schweiz müsse die Menschenrechte prioritär behandeln, ohne wenn und aber.

Die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder warf dem iranischen Regime vor, im Namen Gottes Menschenrechte zu verletzen. «Was für ein Gott soll das sein?» Das sei eine Anmassung. «Zeigen wir, dass wir für die Menschen im Iran da sind und sie in ihrem Freiheitskampf unterstützen.»

Auch IKRK gefordert

Gefordert sei auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), hiess es an der Kundgebung. Die Zustände in den iranischen Gefängnissen seien menschenrechtswidrig, Folterungen und Vergewaltigungen gehörten zum Alltag. Das IKRK müsse dem nachgehen und Gerüchte prüfen, wonach Inhaftierte gezielt getötet würden.

An der Kundgebung wurde zudem für den Aufruf geworben, den 100 Schweizer Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft Mitte Oktober veröffentlicht hatten. Sie hatten den Bundesrat ebenfalls aufgerufen, die Demokratie-Bewegung im Iran zu unterstützen. Über 17'000 Personen haben den offenen Brief bislang unterzeichnet.

Die ganze Demonstration im Video findest du hier:

Anhaltende Proteste

Auslöser der Proteste im Iran war der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September. Die iranische Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Vorschriften für das Tragen eines Kopftuches nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb in Polizeigewahrsam.

Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie den vom islamischen Herrschaftssystem auferlegten Kopftuchzwang. Bei den Protesten sollen nach Angaben aus Oppositionskreisen im Ausland bisher rund 280 Menschen gestorben und über 14'000 verhaftet worden sein.

(sda/sst)

veröffentlicht: 5. November 2022 14:34
aktualisiert: 9. November 2022 10:38
Quelle: BärnToday

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