Alles Abzocke?

«Dinner in the Sky»: Kunden warten seit Monaten auf ihr Geld

19.01.2023, 15:10 Uhr
· Online seit 18.01.2023, 19:21 Uhr
Stell dir vor: Du bezahlst 450 Franken für ein Drei-Gang-Menü in luftiger Höhe, bekommst aber weder das Essen noch wird das Geld zurückerstattet. So erging es einigen Schweizerinnen und Schweizern. Jetzt spricht der Veranstalter.
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Vergangenen Sommer hätte in verschiedenen Schweizer Städten die Veranstaltung «Dinner in the Sky» stattfinden sollen – darunter auch Zürich und Winterthur. Die Gäste hätten in 50 Metern Höhe über dem Boden verwöhnt werden sollen. Der Veranstalter versprach ein einzigartiges Erlebnis.

Wer sich das Essen in luftiger Höhe leisten wollte, musste tief ins Portemonnaie greifen: 450 Franken pro Sitzplatz – Bezahlung im Voraus. Doch dieses einzigartige Erlebnis wurde in der Schweiz nie durchgeführt. Seitdem warten die Kunden auf die Rückerstattung der Gelder.

Falsche Kontaktdaten

Entsprechend viele Gäste sind verärgert. Auf der Facebook-Seite von «Dinner in the Sky Swiss» beschweren sich mehrere Personen darüber. «Wir haben 900 Franken bezahlt für zwei Tickets. Wir haben die Rückerstattung beantragt und warten seit 6 Monaten», schreibt ein User. Ein anderer meint: «Die Telefonnummern werden nicht bedient, aufgesprochene Rückrufbitten werden komplett ignoriert und auf die Mails wird nicht geantwortet.»

Auch ein Today-Leser ist betroffen: «Bei den Gläubigern ist sehr viel Wut und Misstrauen vorhanden, da die Events nicht stattgefunden haben.» Der Geschäftsführer der Agentur «The Avantcy», welche die Events ausschrieb, sei seit geraumer Zeit abgetaucht und für die geprellten Kunden nicht erreichbar.

Als wir die Telefonnummer wählen, die auf der Webseite von «The Avantcy» angegeben ist, nimmt eine Person ab, die angeblich nicht für die Agentur arbeitet, sondern lediglich den Geschäftsführer kennt. Auch bei der Kontaktadresse auf der Webseite handelt es sich nicht um diejenige der Agentur, sondern um die Privatadresse der angeblich unbeteiligten Person am Telefon.

Hoher finanzieller Schaden

Am schlimmsten davon betroffen dürfte das Grand Casino Luzern beziehungsweise mycasino.ch sein. Dieses war damals Hauptsponsor der Veranstaltung und bezahlte gemäss einer dem Veranstalter nahen zuverlässigen Quelle einen sechsstelligen Betrag.

Philipp Albrecht, Chief Marketing Officer, bestätigt, dass das Grand Casino Luzern juristische Schritte gegen den Veranstalter prüft. «Der gesamte Event enttäuschte und entsprach klar nicht unseren Erwartungen», so Albrecht. Auch die Versuche, den Veranstalter zu kontaktieren, blieben bisher erfolglos.

Auch der Online-Shop Qoqa ist betroffen. Dieser hat im Rahmen einer Aktion Tickets für die Events angeboten, welche ebenfalls nicht stattfanden. Das Geld hat Qoqa seinen Kunden wieder zurückgezahlt, dies allerdings auf eigene Kosten. Auch sie versuchen vergeblich, den Veranstalter zu erreichen.

Das sagt der Veranstalter

PilatusToday und Tele 1 ist es gelungen, den Geschäftsführer der Agentur «The Avantcy», Reda Jebbrouni, aufzuspüren. Er nimmt zu den Vorwürfen Stellung. Dass es die «Dinner in the Sky»-Veranstaltungen in der Schweiz nie gab, lag demnach an mehreren Gründen: Die Schweiz-Tour hätte in Luzern starten sollen, musste aber wegen des Wetters kurzfristig abgesagt werden. «Durch den Regen wurden einige Sensoren überflutet und beschädigt», erklärt Jebbrouni.

Anschliessend bekam er neue Auflagen von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva. Zudem habe der TÜV, der die neue Zertifizierung für die Konstruktion damals ausgestellt habe, alles hinausgezögert. Dass die Konstruktion von «Dinner in the Sky» bis zu den Events zertifiziert und bewilligt war, beweisen TÜV-Dokumente, die PilatusToday vorliegen.

Bei der Suva heisst es, man habe keine Auflagen gemacht: «Wir haben lediglich Auskunft gegeben, dass er ein Gerät verwenden muss, das der Hersteller für diesen Zweck vorgesehen hat.»

Den Vorwurf, dass Reda Jebbrouni Kunden und Sponsoren regelrecht geghosted hat, streitet er nicht ab. Auch dafür seien mehrere Faktoren verantwortlich – familiäre und gesundheitliche Probleme, sodass er sich nicht um die Kunden habe kümmern können, erklärt der Veranstalter. «Ich musste mir ein ordentliches Umfeld organisieren, damit ich nicht auf der Strasse leben muss und weitermachen kann.»

Pleite, aber weitere Events geplant?

Einen Teil des Geldes habe er den Gläubigern inzwischen zurückgezahlt. Aber: «Uns sind die finanziellen Mittel ausgegangen», behauptet Jebbrouni. Der offene Betrag der Ticketverkäufe, der zurückgezahlt werden muss, beträgt gemäss Jebbrouni 60'000 Franken.

Bei unserer Recherche sind wir auf einen künftigen Event gestossen, den die Agentur «The Avantcy» anbietet. Dabei kann man bei einer mehrtägigen Tour mit Oldtimer durch Marokko fahren. Und das, obwohl die Agentur angeblich pleite ist.

Reda Jebbrouni hat auch hier eine Erklärung: «Die Rechte der Events haben wir im August einem Investor abgetreten.» Warum stehen auf der Webseite und auf der Facebook-Seite dann noch immer seine Kontaktdaten wie Handynummer und Mailadresse? «Das wurde anscheinend noch nicht angepasst.»

«Dinner in the Sky Swiss» soll wieder zurückkommen

In den vergangenen vier Monaten habe man zudem versucht, einen neuen Investor zu finden. Man arbeite mit Nachdruck daran, das Problem zu lösen. «Um einerseits die Kunden auszuzahlen, andererseits die nächsten ‹Dinner in the Sky› Events durchzuführen», so Jebbrouni.

Momentan sei man mit mehreren Investoren im Gespräch. Jebbrouni will es in der Schweiz also nochmals versuchen:

Ihm sei aber bewusst, dass der Vorfall schlecht für die Investorensuche ist. «Der Imageschaden ist bereits da», meint er. Falls die Investorensuche nicht erfolgreich sein würde, sei es kurzfristig nicht möglich, das Geld zurückzuzahlen. Dann müsse er sich «etwas anderes» einfallen lassen.

Jeder Lizenznehmer ist auf sich selbst gestellt

Beim internationalen Lizenzgeber für «Dinner in the Sky» hat man Kenntnis über die Probleme in der Schweiz. «All unsere Lizenznehmer sind unabhängig und auch für ihr eigenes Gebiet verantwortlich. Das bedeutet, dass wir uns nicht in ihre Geschäfte einmischen, ausser wenn wir feststellen, dass es Verstösse gegen die Sicherheit gibt», erklärt David Ghysels, Erfinder und Inhaber des internationalen Lizenzgebers «Dinner in the Sky».

veröffentlicht: 18. Januar 2023 19:21
aktualisiert: 19. Januar 2023 15:10
Quelle: PilatusToday

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