Nach CS-Debakel

Bundesrat prüft Trennbankensystem – Experte schätzt die Chancen ein

14.04.2023, 13:15 Uhr
· Online seit 14.04.2023, 11:08 Uhr
Nach dem Absturz der Credit Suisse soll der Bundesrat unter anderem prüfen, ob für systemrelevante Banken ein sogenanntes Trennbankensystem möglich ist. Derzeit gibt es in der Schweiz das Universalbankensystem. Warum der Systemwechsel bis Ende Jahr wohl kein Thema mehr ist, erklärt Peter V. Kunz.
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Was bedeutet diese Begriffe Trenn- und Universalbanken? Und wie gross sind die Chancen, dass die Schweiz ein solches Trennbankensystem einführt? Die Today-Redaktion hat bei Peter V. Kunz nachgefragt. Er ist Wirtschaftsrechtsprofessor an der Universität Bern. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was sind Universalbanken?

Universalbanken bieten alle Dienstleistungen quasi an einem Ort an, dazu gehören das Lohnkonto, Hypotheken und der Aktienhandel. Kunz zur Problematik: «Wenn nun aber alles sozusagen unter einem Dach angeboten wird, droht das Risiko, dass das gesamte Haus bedroht wird, auch wenn nur ein einzelnes Zimmer brennt».

Was bedeutet ein Trennbankensystem?

«Es besteht kein generelles Verständnis betreffend ‹Trennbankensystem›», erklärt Kunz. Bei Trennbanken sollen im Gegensatz zu Universalbanken unterschiedliche Geschäftsbereiche in voneinander getrennte Unternehmen aufgeteilt werden. «In erster Linie soll das Investment Banking separiert werden», so Kunz. Dieser Bereich sei im Regelfall am riskantesten.

Was sind die Vorteile des Trennbankensystems?

Bei der Trennung der Geschäftsbereiche gehe es primär um eine Risikoreduktion. Kunz: «Es ist allerdings umstritten, ob dies in der Realität wirklich der Fall wäre. Tatsächlich haben wir keine Praxiserfahrungen.» Das Trennbankensystem sei aktuell in keinem Land der Welt umgesetzt. In den USA existierte jedoch lange ein solches, das Land schaffte dies jedoch vor einem Vierteljahrhundert wieder ab. «Vermutlich verspricht sich die Politik mehr, als was das Trennbankensystem wirklich bringen würde», schätzt Kunz ein.

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Was sind die Nachteile?

«Nachteile sehen in erster Linie die Banken», sagt Kunz. Einerseits schränke das System Geschäftspotential und Gewinnmöglichkeiten der Banken und deren Aktionäre ein. Andererseits stehe es im Widerspruch zum Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit. Dazu gehört auch Organisationsfreiheit von Unternehmen.

Wie gross ist die Chance, dass es in der Schweiz bald ein Trennbankensystem gibt?

Wie Wirtschaftsrechts-Experte Peter V. Kunz erklärt, seien sorgfältige Abklärungen durch den Bundesrat sinnvoll, weil die Trennbanken nach dem UBS-CS-Deal politisch aktuell sind. Ähnlich war dies bereits 2008 nach der Rettung der UBS. Kunz: «Es ist jedoch völlig offen, ob das angestrebte Ziel wirklich erreicht würde, so dass ein solcher Eingriff in die Organisationsfreiheit der Banken unverhältnismässig erscheinen könnte.»

«Nicht vergessen werden sollte zudem, dass der politische Druck für eine solche Bankenregulierung spätestens nach den Wahlen im Herbst 2023 abnehmen dürfte» schätzt Kunz ein. Aus diesen Gründen erachte der Experte ein Trennbankensystem in der Schweiz als höchst unwahrscheinlich oder gar chancenlos.

Quelle: CH Media Video Unit

veröffentlicht: 14. April 2023 11:08
aktualisiert: 14. April 2023 13:15
Quelle: Today-Zentralredaktion

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