Studie zeigt

Ärzte verschreiben bei Bagatellfällen immer häufiger Opioide

26.04.2023, 16:11 Uhr
· Online seit 26.04.2023, 12:56 Uhr
Eigentlich werden Schmerzmittel mit opiumhaltigen Wirkstoffen beispielsweise häufig bei Tumorschmerzen verschrieben. Doch Auswertungen zeigen: Mittlerweile werden Opioide auch immer öfter bei Brüchen, Prellungen oder Verstauchungen verordnet.
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In der Schweiz werden Opioide seit Jahren zunehmend verschrieben. Nun zeigt sich aber, dass sie auch bei geringfügigen Verletzungen von Ärzten verordnet werden. Das ist das Ergebnis einer Studie unter der Leitung von Maria Wertli, Chefärztin Innere Medizin am Kantonsspital Baden. Ihr Team hat Daten aus knapp zwei Millionen der Suva gemeldeten Unfälle untersucht, die in die Kategorie «muskuloskelettale Verletzungen» fallen. Das sind beispielsweise Brüche, Prellungen, Verstauchungen oder oberflächliche Verletzungen.

Ähnliche Wirkung, viele Risiken

Und genau hier nahmen die Verschreibungen markant zu. «Wir beobachteten zwischen 2008 und 2018 selbst bei leichten Verletzungen einen überproportionalen Anstieg der Verschreibungen von Metamizol, starken Opioiden und Coxiben», heisst es in der Studie. Bei leichten Verletzungen betrug die Zunahme 91,4 Prozent.

Das sei bedenklich, da Opioide oft unerwünschte Nebenwirkungen hätten, gleichzeitig aber bei solchen Schmerzen nicht wirksamer seien als andere Schmerzmittel. Die unerwünschten Folgen können kognitive Beeinträchtigungen, Übelkeit, Schmerzüberempfindlichkeit oder auch eine Opioidabhängigkeit umfassen.

Viele Rezepte im Kanton Schaffhausen

Besonders häufig werden solche Mittel in der Deutschschweiz verschrieben, hier ist der Anstieg am grössten. Das starke Schmerzmittel Metamizol wurde am häufigsten im Kanton Schaffhausen bei geringfügigen Verletzungen verschrieben. In rund 314 von 1000 Fällen kam dies vor. Auf Platz zwei landet Uri mit 300 von 1000 Fällen.

Im Vergleich: In Genf wird das Medikament lediglich in 16 von 1000 Fällen verschrieben. Bei den starken Opioiden liegt der Kanton Jura mit 62 von 1000 Fällen auf Platz eins, gefolgt vom Kanton Thurgau mit 52 von 1000 Fällen. Schlusslicht bildet das Tessin mit knapp 16 von 1000 Fällen.

Deutschschweiz liberaler

Die regionalen Unterschiede hängen laut den Studienautoren mit der liberaleren Verschreibungspraxis in der Deutschschweiz zusammen. «Dies steht im Widerspruch zu aktuellen, evidenzbasierten Praxisempfehlungen», so Wertli.

Es brauche deshalb eine Sensibilisierung von Ärzteschaft und politischen Entscheidungsträgern. Denn der vermehrte Gebrauch von starken Opioiden könne Konsequenzen für Einzelpersonen und die Gesellschaft haben, heisst es in der Studie. Auch die Kosten steigen entsprechend. Ärztinnen und Ärzte müssten Patienten deshalb gut aufklären.

veröffentlicht: 26. April 2023 12:56
aktualisiert: 26. April 2023 16:11
Quelle: ArgoviaToday

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